Der Untergang der FDP überrumpelte auch die Fernsehsender

Foto: dpa/Maurizio Gambarini
Am Ende des Wahlabends war Philipp Röslers Frau Wiebke die einzige Stütze, die der FDP-Vorstand noch fand (im Bild mit Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle, Parteichef Rösler und FDP-Generalsekretär Patrick Döring).
Der Untergang der FDP überrumpelte auch die Fernsehsender
Die FDP verpasst erstmals den Einzug in den Bundestag. Das hat vielleicht nicht jeden überrascht, die Fernsehmacher am Wahlabend allerdings schon. Die Sender gingen auf die interessanteste Geschichte des Wahlabends fast gar nicht ein.
23.09.2013
epd
Michael Ridder

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"Halten Sie sich fest", sagte Jörg Schönenborn in der ARD kurz vor Bekanntgabe der 18-Uhr-Prognose zur Bundestagswahl. Die Worte des WDR-Chefredakteurs, in denen sich ein Erdrutsch andeutete, waren das Motto des gesamten Wahlabends. Denn der verlief wieder einmal anders, als es die Meinungsforschungsinstitute zuvor prognostiziert hatten.

Die Möglichkeit, dass die FDP zum ersten Mal in ihrer Geschichte nicht im Deutschen Bundestag sitzen wird, hatten die Demoskopen nicht einmal ansatzweise angedeutet. Folgerichtig waren auch die Fernsehsender auf ein solches Szenario nicht vorbereitet - und das merkte man der Berichterstattung am Sonntagabend an. Eine Dreiviertelstunde lang war kein FDP-Politiker auf einem der großen Sender zu sehen. Stattdessen klärte die ARD darüber auf, dass 44 Prozent der Frauen die Union gewählt haben, und im ZDF sprach der CDU-Politiker Armin Laschet wenig überraschend vom "klaren Regierungsauftrag" für Angela Merkel.

Tiefergehende Analysen blieben die Sender schuldig

ARD und ZDF sahen die Liberalen bereits in der ersten Prognose draußen (4,7 und 4,5 Prozent). RTL, das im Gegensatz zum privaten Konkurrenten Sat.1 ausführliche Wahlsendungen im Programm hatte, hievte die FDP dagegen um 18 Uhr mit 5,0 Prozent noch hauchdünn in den Bundestag; später passte sich auch der RTL-Wert dem Trend an.

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Tiefergehende Analysen für das unvorhergesehene Debakel der FDP blieben alle Sender schuldig, was auch daran lag, dass sie parallel über die Landtagswahl in Hessen berichten mussten. Und dass gegen 19 Uhr eine weitere Sensation die Runde machte: Die Union verfüge möglicherweise über eine absolute Mehrheit, wenn die Anti-Euro-Partei AfD (Alternative für Deutschland) den Einzug ins Parlament nicht schaffe, meldete zuerst die ARD.

Diese Konstellation versprach Spannung für die "Berliner Runde" der Spitzenkandidaten, die um 20.15 Uhr gleichzeitig von ARD und ZDF übertragen wurde. Erstmals nahm kein FDP-Politiker an der Runde teil, denn zu diesem Zeitpunkt galt es bereits als sicher, dass die Liberalen den Einzug nicht schaffen. ZDF-Chefredakteur Peter Frey gelang zu Beginn ein Kunststück: Mit der Frage nach einer möglichen Alleinregierung verschlug er Kanzlerin Merkel die Sprache.

Die CDU-Chefin musste sich ein wenig sammeln und gestand schließlich, sie habe sich mit dieser Frage überhaupt noch nicht beschäftigt. Außerdem gehe sie davon aus, dass die Union nicht allein regieren könne. Damit behielt Merkel recht: Noch während der "Berliner Runde" kippte die vermeintliche absolute Mehrheit in den Hochrechnungen wieder.

Die Bedeutung der Wahl ist nicht absehbar

Der Rest der Runde, die 5,8 Millionen Zuschauer in der ARD und drei Millionen Zuschauer im ZDF verfolgten, wurde von Koalitionsspekulationen dominiert, ebenso wie die anderen Sendungen des Abends. Union und AfD, wenn diese doch reinkommt? Oder Union und Grüne? Oder doch Rot-Rot-Grün?

Bei "Günther Jauch" in der ARD wagte immerhin "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo die These, dass der 22. September 2013 einen "epochalen Einschnitt in diesem Land" bedeute. Interessant war auch noch der Einwurf des im Publikum sitzenden AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke, der Jauch vorwarf, die AfD "wahrheitswidrig" rechts von der Union angesiedelt zu haben.

Was dieser Wahltag wirklich für Deutschland bedeutet, konnte auch die Jauch-Runde (5,84 Millionen Zuschauer) letztlich nicht auf den Punkt bringen. Der Moderator setzte am Ende auf einen Gag: Er blendete ein Zitat seines Freundes Thomas Gottschalk ein, der erklärte, er wünsche sich Schwarz-Grün - wegen der neuen Kette der Kanzlerin. Offenbar hatte Gottschalk aus der Ferne ein bisschen Grün in der Kette gesehen, die Merkel bei der "Berliner Runde" trug.