Der Vorspann, die Musik und vor allem der abschreckende Titel lassen das Schlimmste befürchten. Aber dann entpuppt sich diese Verfilmung eines Romans von Utta Danella als einfallsrech- und abwechslungsreiche Romanze mit liebenswert entworfenen, ausgezeichnet gespielten Hauptfiguren und richtig guten Dialogen. Der Name des Autors Marcus Hertneck steht ohnehin für Unterhaltung auf hohem Niveau. Andererseits dürfen Saskia Vester und Peter Sattmann gerade in den Produktionen der ARD-Tochter Degeto nur selten zeigen, dass sie eigentlich richtig gute Schauspieler sind. Auch dieser Film (nach Motiven des Danella Romans "Alles Töchter aus guter Familie") beginnt wie eine typische Freitagsschmonzette. Die Handlung klingt nach einer Romanze von der Stange: Die verhuschte Zahnarzthelferin Anna Maria (Vester) ist schon lange heimlich in ihren geschiedenen Chef, den griesgrämigen Leander Winter (Sattmann), verliebt. Als sich seine vermeintlich glücklich in Rom liierte Ex-Frau zur Hochzeit der gemeinsamen Tochter ankündigt, will Winter nicht als Single da stehen und bittet Anna Maria, vorübergehend in die Rolle seiner neuen Lebensgefährtin zu schlüpfen.
Wie’s weitergeht, kann man sich denken
Ein Kuss, und die Liebe bricht aus. Aber so leicht macht es Hertneck dem Paar dann doch nicht. Die verschiedenen Fallstricke, über die vor allem der Zahnarzt immer wieder stolpert, sind mit geradezu liebevoller Bosheit ersonnen. Außerdem hat Winter alle Hände voll damit zu tun, die Hochzeit zu verhindern: Wie schon ihre Mutter Franziska (Susanne Uhlen), so hat sich auch Tochter Emily (Nadja Bobyleva) in einen Italiener verliebt. Da sie außerdem schwanger ist, glaubt der besorgte Vater, sie wolle Roberto (Sami Loris) eigentlich gar nicht heiraten. Zu allem Überfluss könnte sich die mittlerweile wieder alleinstehende Franziska eine Rückkehr zum Ex-Mann vorstellen.
Geschickt verknüpft Hertneck die Sabotageversuche mit den fragilen Glücksgefühlen Anna Marias, die sich am Ziel ihrer Träume wähnt, während Winter ihre Zuneigung hartnäckig als Teil des romantischen Komplotts interpretiert. Natürlich kostet das Drehbuch das Verwechslungspotenzial der Geschichte weidlich aus. Gerade Saskia Vester hat auf diese Weise immer wieder großartig gespielte Momente, in denen sie spontan von einer Rolle in die andere wechseln muss. Exemplarisch ist eine Szene, in der Anna Maria auf Kommando und zur Verwunderung eines Patienten die Praxis durch ein Fenster verlässt, weil Winter die Ex-Gattin im Anmarsch wähnt. Damit die Illusion perfekt ist, soll seine Angestellte mit verwuschelten Haaren und Morgenrock die Haustür öffnen. Natürlich war es falscher Alarm, also kehrt sie auf gleichem Weg in die Praxis zurück, wo kurz drauf Franziska aufkreuzt. Die frühere Frau Winter ist eine ziemlich mondäne Erscheinung; um so größer ist Anna Marias Schreck, als sie im Spiegel sieht, dass sie nach wie vor aussieht, als sei gerade erst aufgestanden.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
John Delbridge, dank einer Vielzahl von Beiträgen zu Reihen wie "Inga Lindström", "Emilie Richards" und "Katie Fforde" offenbar ein ausgesprochener Frauenfilmversteher, setzt das Drehbuch mit scheinbar leichter Hand um, inszeniert die komischen Szenen mit exaktem Timing und führt die Darsteller ausnahmslos zu ansprechenden Leistungen. Die Bilder vom schmucken Schliersee (Kamera: Nicolas Joray) sind zwar bloßes Augenfutter, runden den Film aber aus Sicht der Zielgruppe zu einem kurzweiligen, sehenswerten Freitagsvergnügen ab.