Weil Teilen besser ist als Besitzen: Carsharing

5 Männer in Autoattrappe
Foto: Voller-Ernst
Da haben die Herren wohl etwas falsch verstanden: Beim Carsharing teilt man sich zwar das Auto, man quetscht sich aber nicht zu fünft in eines, sondern nutzt es nacheinander. Außerdem ist das geteilte Auto keine Attrappe.
Weil Teilen besser ist als Besitzen: Carsharing
Besitzen ist out, Teilen ist in. Im Urlaub beziehen wir lieber die Privatwohnung eines Fremden, anstatt in ein teures Hotel einzuchecken. Städter gärtnern gemeinsam auf einer Parzelle. Statt als Selbstständiger am heimischen Küchentisch vor sich her zu arbeiten, mietet man einen Arbeitsplatz in einem Großraumbüro. Der Lesezirkel hat es mit Zeitschriften vorgemacht. Heute werden selbst Lebensmittel und Werkzeug – meist über das Netz – getauscht.

Immer häufiger teilt man sich auch Autos. Wer braucht schon eigene vier Räder, wenn die Straßenbahn alle Ziele in mittlerer Entfernung ansteuert? Vor der Wohnung ist sowieso nie ein Parkplatz frei. Außerdem ist nach der Miete für die kleine Wohnung eh nicht mehr genug Geld da für Anschaffung, Versicherung, Sprit, Strafzettel … Zu guter Letzt: Wer Bio isst und die Welt intakt für die Kinder bewahren will, dem steht eine eigene Spritschleuder nicht gut. Auf zum Carsharing!

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Das sieht auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) so. Weil die beiden Dienstwagen nicht mehr ausreichten, hat die EKM Ende 2012 für ihre Mitarbeiter einen Nutzungsvertrag mit einem Carsharing-Anbieter abgeschlossen - statt zusätzliche, neue Dienstwagen anzuschaffen. Nun können sämtliche Mitarbeiter aus dem Landeskirchenamt (Dienststellen in Erfurt und Magdeburg) sowie der Schulstiftung in Mitteldeutschland die Autos vergünstigt nutzen.

Den Trend zum Teilen hat auch Touristikprofessor Roland Conrady von der Fachhochschule Worms beobachtet: "Gerade junge Leute wollen nicht mehr unbedingt Eigentum haben. Es reicht ihnen, wenn sie es nutzen können", sagte Conrady zum Evangelischen Pressedienst (epd) über Carsharing-Plattformen.

Insgesamt 29 Mitarbeiter der mitteldeutschen Kirche setzen auf die geteilten Autos. Eine davon ist Ulrike Spengler. Die Referentin für Seelsorge im Landeskirchenamt ist drei Mal in der Woche unterwegs, durch ganz Sachsen-Anhalt und Thüringen führen sie ihre Dienstreisen: "Bisher habe ich versucht, eines der beiden Dienstwagen aus dem Pool der Dienstwagen hier in Erfurt zu nehmen – wenn denn noch eines frei war."

Die EKM setzt nicht nur auf ökonomisch und ökologisch sinnvoll genutzte Autos. "Klima- und Umweltschutz sind uns ein wichtiges Anliegen, und unsere Mitarbeiter bemühen sich, viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs zu sein", sagte die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Brigitte Andrae.

Bewahrung der Schöpfung ganz praktisch

Jetzt kommt Spengler weniger umständlich zu einem Auto: "Ich reserviere ihn ein paar Tage im voraus. Wenn ich kurzfristig auf einen Termin muss, genügen auch 30 Minuten." Die Reservierung geht telefonisch oder online - für eine Stunde oder den ganzen Tag. Den Wagen kann Spengler dann rund um die Uhr an ihrem Wohnort Jena abholen und damit gleich zum Termin fahren: "So spare ich mir lästige Umwege über Erfurt." Auch um Pflege, Wartung und Reifenwechsel müssen sich die Fahrer nicht kümmern. Das übernimmt der Anbieter der Autos. Carsharing spart nicht nur Zeit - auch die Umwelt profitiert davon, wenn Spengler bei einem Termin mit einem roten Kleinwagen vorfährt.

Unser statt mein - dieses Auto ist zum Teilen da.

"Die Leute nehmen es positiv zur Kenntnis, wenn ich mit dem kleinen Auto des Carsharing-Unternehmens vorfahre. Es kommt gut an, dass die Kirche an diesem Projekt teilnimmt", sagt Seelsorgereferentin Spengler. "Bewahrung der Schöpfung" ganz praktisch.

Vor 20 Jahren wurde "teilAuto", der Carsharing-Anbieter der EKM, in Halle (Saale) als ökologisch orientierter Verein gegründet und stellt heute rund 14.000 Nutzern etwa 450 Autos vom Kleinstwagen bis zum Transporter bereit. Bezahlt werden muss pro Stunde, für die der Wagen gebucht wurde, plus die gefahrenen Kilometer. Der Kraftstoff ist inklusive.

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Einen kleinen Haken hat das Carsharing aber doch: Spengler muss ihre Termine sehr genau planen. Gibt sie das Auto später zurück als vorher ausgemacht, etwa weil ein Termin länger dauert oder Spengler im Stau steht, fallen "heftige Nachzahlungen" an.

Nur ihre "Chefin", Bischöfin Ilse Junkermann, genießt weiterhin das Privileg eines eigenen Dienstwagens samt Chauffeur. Das sei angemessen, meint Spengler: "Sie ist sowieso sehr viel unterwegs! So kann die Bischöfin während der Fahrt inhaltlich arbeiten und sich auf anstehende die Termine vorbereiten."