Mit der Religionsfreiheit im Alltag ist das so eine Sache. Pastor Andreas Jahreiß seufzt. Der Prediger der evangelisch-methodistischen Kirche im Bezirk Würzburg-Schweinfurt kennt viele unglaubliche Geschichten. "Es gibt ein paar Leute, die kommen in unseren Gottesdienst, wollen Mitglied bei uns sein, können es aber nicht." Denn sich zu "den Methodisten" zu bekennen, heißt auch heute im Alltag oft noch: Ächtung - vor allem auf dem Land. "Für Selbstständige hätte das geschäftliche Konsequenzen", erklärt Jahreiß. Dabei sei man doch auch evangelisch, nur anders.
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Doch Pastor Jahreiß will nicht jammern. "Das haben wir Methodisten uns zu einem gewissen Teil selbst zuzuschreiben", erläutert er. Geschichtlich kommen die Methodisten aus Großbritannien, ihre Entstehung geht auf den anglikanischen Geistlichen John Wesley zurück. Die von Wesley angestoßene Erweckungsbewegung breitete sich dann zunächst vor allem in den USA aus. Als die ersten Methodisten nach Deutschland kamen, sei deren Verhalten "aus heutiger Sicht schon ein bisschen arrogant gewesen", sagt Pastor Jahreiß. Viele Methodisten hätten in der Anfangszeit gedacht, sie seien die besseren Christen.
"Wir sind eine Freikirche ohne Sonderlehre"
Davon seien die Methodisten in Deutschland heute "weit entfernt", sagt der Pastor: "Wir haben in der Ökumene gegenseitig gelernt." Denn auch die evangelische Landeskirche in Bayern hat die Methodisten nicht immer wohlwollend betrachtet. Lange haftete der kleinen Kirche das Image der Sektierer, der Sonderlinge an. "Wir sind anders, wir sind eine Freikirche, aber eben eine ohne Sonderlehre", erläutert Jahreiß. Bei Methodisten gebe es - anders als bei den meisten Freikirchen - keine verpflichtende Erwachsenentaufe, Wiedertaufen getaufter Kinder lehnen sie ab.
"Es gibt sicher mehr, das uns mit den evangelischen Kirchen verbindet, als uns trennt", sagt Jahreiß. Wohl auch deshalb gibt es zwischen den Methodisten und den Gliedkirchen der EKD seit 25 Jahren eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Darüber hinaus gibt es rund um das Jubiläum landauf landab Gottesdienste und Feierlichkeiten in den Gemeinden.
"Uns verbindet jedenfalls viel mehr, als uns trennt", sagt die evangelisch-lutherische Würzburger Dekanin Edda Weise. Der Methodismus sei eine "Spielart" des Evangelischen. "Bei uns richtet sich alles danach, was die Menschen von uns brauchen", sagt Jahreiß. Bei der Feier des Gottesdienstes lassen sich dann doch einige Unterschiede feststellen. "Wir haben faktisch kaum Liturgie, es ist alles sehr frei", sagt der Methodist Jahreiß. So trägt ein methodistischer Pastor zum Beispiel keinen Talar, dafür gibt es viel modernes Liedgut, etliches davon auf Englisch.
Echte Mitglieder entscheiden sich bewusst
Am Sonntag mal kurz in den Gottesdienst gehen und anschließend viele Wochen nichts von sich hören oder sehen lassen - für viele lutherische oder reformierte Evangelische Alltag, bei Methodisten undenkbar. "Wir haben alle eine sehr enge Beziehung zueinander", sagt Jahreiß und fügt selbstkritisch hinzu: "Das hat Vor- und Nachteile." Hilfreich seien sie, falls jemand aus der Spur zu geraten drohe und man ihm rechtzeitig helfen könne. Andererseits könne auch soziale Kontrolle daraus werden.
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In seiner Doppelgemeinde Würzburg-Schweinfurt funktioniert das enge Gemeindeleben gut, negative Auswüchse gebe es keine. Derzeit hat die Gemeinde 94 Kirchenglieder, also getaufte Mitglieder, die sich öffentlich zur methodistischen Kirche bekannt haben, 48 Kirchenangehörige, also bislang nur getaufte Mitglieder, einige Kirchenzugehörige - bislang nicht getaufte - und mehr als 60 Freundeskreis-Mitglieder. Von den mehr als 90 Kirchengliedern kommen im Schnitt über 60 zu den Gottesdiensten. "In gewisser Weise erwarten wir das auch", erläutert Pastor Jahreiß.
Denn anders als bei der katholischen und evangelischen Kirche wird bei den Methodisten niemand automatisch mit der Kindstaufe in die Kirche aufgenommen. "Wir haben da ein anderes Verständnis", sagt Jahreiß, "bei uns gehören die als echte Kirchenglieder dazu, die sich bewusst für uns entscheiden und aufnehmen lassen". Normalerweise gehen junge Erwachsene diesen Schritt mit 18 bis 25 Jahren, getauft würden viele aber schon als Kinder, sagt der Pastor. Die Idee dahinter: "Die Taufe macht - für uns - weniger den Christen als der Glaube an sich."