TV-Tipp des Tages: "Eine Frage des Vertrauens" (ZDF)

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TV-Tipp des Tages: "Eine Frage des Vertrauens" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Eine Frage des Vertrauens", 19. August, 20.15 Uhr im Zweiten
Marie Hansen hat zwar ihre Approbation gefälscht, um als Ärztin arbeiten zu können, widmet sich ihrem Beruf aber mit Hingabe und Leidenschaft; ihre einstige Kommilitonin Nicole hingegen feiert lieber krank und genießt das Leben.

Arzt wird man nicht aus Idealismus oder weil man erwiesenermaßen besonders gut mit Patienten umgehen kann, sondern weil man bei den nötigen Tests die richtigen Antworten gegeben hat; so funktioniert nun mal unser Bildungssystem. Wer die Prüfungen nicht besteht, wird auch nicht Arzt, ganz gleich, wie groß seine menschliche Qualifikation ist. Autorin Annette Hess verdeutlicht diese Ungerechtigkeit in ihrer Geschichte, indem sie der sympathischen Hauptfigur einen düsteren Gegenentwurf gegenüberstellt: Marie Hansen (Silke Bodenbender) hat zwar ihre Approbation gefälscht, um als Ärztin arbeiten zu können, widmet sich ihrem Beruf aber mit Hingabe und Leidenschaft; ihre einstige Kommilitonin Nicole (Katharina Marie Schubert) hingegen feiert lieber krank und genießt das Leben.

Die Lebenslüge

Dank der feinfühligen Regie von Miguel Alexandre, der mit Hess schon bei dem Zweiteiler "Die Frau vom Checkpoint Charlie" zusammengearbeitet hat, wird Marie trotzdem nicht zur Heiligen. Natürlich liebt sie ihren Beruf, aber den Ausschlag zur Lebenslüge gibt ihre auf den guten Ruf der Pastorenfamilie bedachte Mutter. Zu Beginn der Geschichte will Marie beichten, dass sie ihr Medizinstudium abbrechen muss, aber ihre jüngere Schwester, ohnehin das schwarze Schaf der Familie, kommt ihr zuvor: Sie ist schwanger; und die Mutter, von Michaela Rosen unangenehm überzeugend gespielt, außer sich.

Kernstück des Films ist der Kampf der vermeintlichen Ärztin um das Leben von Jonas, eines an Mukoviszidose erkrankten Jungen. Acht Jahre sind vergangen, seit sie durchs Physikum gefallen ist. Sie arbeitet mittlerweile in einer Hamburger Klinik und genießt einen tadellosen Ruf, als die Ärztekammer sie um das Original ihrer Approbation bittet. Ihr Lebensmodell droht einzustürzen wie ein Kartenhaus; dabei hat sie sich gerade in Jonas’ Vater (Wotan Wilke Möhring) verliebt.

Natürlich ist Marie eine Betrügerin, aber der Betrug geschieht gewissermaßen außerhalb der Handlung. Der Film zeigt eine Frau, die das Ideal einer engagierten Ärztin sogar noch übertrifft. Sichtbar kriminell verhält sich Marie erst, als sie ein Angebot ihrer aufdringlichen Ex-Kommilitonin akzeptiert und der Ärztekammer eine offenkundig perfekt imitierte Urkunde vorlegt. Dass der sympathische Sachbearbeiter (Rudolf Kowalski) privates Interesse erst an ihrer Arbeit, einer Studie zu einem neuen Mukoviszidose-Medikament, und dann auch noch an ihr selbst zeigt, macht die Dinge nicht einfacher. Bodenbender, ohnehin automatisch Sympathieträgerin, spielt die Doppelrolle – hier die allseits geschätzte Ärztin, dort die Betrügerin, deren Lebensmodell ins Wanken gerät – derart nachvollziehbar und lebensnah, dass man Marie wider alle Vernunft einen Ausweg aus dem Dilemma wünscht.

"Eine Frage des Vertrauens" lebt von der Konzentration aufs Wesentliche, Alexandres Führung der Darsteller (sehr akzentuiert auch Peter Kremer in seinen wenigen Auftritten als Maries Chef) und einem klug konstruierten Drehbuch, in dem sich ausgerechnet Maries Vater (Hermann Beyer) als sinistrer Spiegel ihres eigenen Werdegangs entpuppt: Der Pfarrer hat schon vor Jahren seinen Glauben an Gott verloren. Er handelt nur noch als leere Hülle, als Gefangener der Erwartungen seiner Gemeinde und seiner Frau; und so erzählt der Film nebenbei auch noch ein Familiendrama.