Wie’s weitergeht, weiß sie auch schon: Hedi hat sich doch immer Enkel gewünscht; also soll sie sich auch drum kümmern. Zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten, in denen sie ihre eigenen Wünsche immer hinten angestellt und sich um das Wohl der Familie gekümmert hat, denkt Hedi auch mal an sich selbst und zieht aus jenem Haus aus, das so lange das Zentrum ihres Daseins war.
Leonie lässt sich bedienen
Die Rolle ist natürlich wie geschaffen für Christiane Hörbiger, zumal sich eine Vielzahl von Gelegenheiten für ihre berühmten indignierten Seitenblicke bieten: Leonie (Denise Zich) ist ein Einzelkind, das sich von vorn bis hinten bedienen lässt. Außerdem hat sich Autorin Silke Zertz eine ganze Reihe von Bosheiten einfallen lassen. Die Schwiegermutter zum Beispiel vererbt ihrem Sohn (Walter Kreye), Hedis Mann, Haus und Hof, Enkelin Leonie bekommt den Schmuck.
Und Hedi? Sie erbt die wurmstichige Flötensammlung. Geschickt mischt Zertz die komischen Elemente mit melodramatischen Momenten, schließlich betrachtet Hedi die besten Jahre ihres Lebens als verschwendet und muss nun grimmig erkennen, dass sich Ex-Gatte Johannes, der sich nie um sie und Leonie gekümmert hat, plötzlich dank des Drucks seiner jungen Partnerin zum vorbildlichen Familienvater gemausert hat. Andererseits müht sich der lebenslustige Pastor Kristensen (Michael König) nach Kräften um Hedis Gunst, so dass auch noch Platz für Gefühle ist, zumal Johannes reumütig zurückkehren möchte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Am schönsten aber sind Christiane Hörbigers Kratzbürstigkeiten. Regisseurin Christine Kabisch versucht gar nicht erst, ihre Hauptdarstellerin zu bremsen, und ordnet ihr willig den gesamten Film unter. Sehenswert aber ist auch die Geschichte, die für diesen Sendeplatz ungewöhnlich nachdenklich ausgefallen ist.