Die Pannen häufen sich. Vergangene Woche war der Regional- und Fernverkehr in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zuerst abends und nachts stark ausgedünnt. Mittlerweile hält auch tagsüber kein ICE in der Stadt. Nur noch jeder zweite Zug erreicht den Hauptbahnhof. Qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Denn knapp die Hälfte der 15 Fahrdienstleiter in Mainz ist erkrankt oder im Urlaub. Die Aussichten bleiben trüb: Bis mindestens Ende August sollen jede dritte Regionalbahn und etliche Fernverkehrszüge weiterhin ausfallen. Das ist die neue Mobilität in Deutschland im Jahr 2013.
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Die Deutsche Bahn hingegen stellt sich seit langer Zeit in Hochglanzbroschüren und Fernsehwerbe-Spots mit stolzgeschwellter Brust als globaler Player dar, der profitabel arbeitet, aber auch auf soziale Verantwortung und auf ein Miteinander setzt. Vielfahrer, verspricht der Konzern, führen mit der grünen BahnCard innerhalb Deutschlands mit 100 Prozent Ökostrom. Doch was nutzt aller Ökostrom, wenn der Zug nicht fährt? Auch wirbt das Unternehmen mit nachhaltigem und familienfreundlichem Reisen. Was aber helfen Preisvergünstigungen für Kinder bis 15 Jahren, die mit Papa, Mama, Opa oder Oma in Begleitung fahren, wenn das Warten auf den nächsten Zug am Bahnsteig kein Ende findet? Die Deutsche Bahn verspricht jungen Menschen eine interessante Ausbildung. Tatsächlich klagen Mitarbeiter über zu viele Überstunden und sich ständig ändernde Dienstpläne.
"Die Bahn macht mobil" ... jedoch anders als beabsichtigt
Menschen leben schon lange nicht mehr notwendigerweise dort, wo sie arbeiten. Die Familie ist in Hamburg, das Geld wird in Frankfurt am Main verdient, die Freunde leben in München. Das wird langsam zur Regel. Mobilität ist die Anforderung, die moderne Unternehmen an ihre Mitarbeiter stellen. Ein Konzern wie die Deutsche Bahn, lebt davon, dass sie diese Mobilität organisiert. Und das nach eigenen Angaben auch mit sozialem und ökologischem Anspruch. In der Beschleunigung scheitert sie jedoch, eine Landeshauptstadt mit Fernzügen anzufahren. Auf der Strecke bleiben neben Arbeitsverhältnissen vor allem auch die menschlichen Beziehungen. Was das heißt: Viele kommen zu spät zur Arbeit und am Wochenende gehen mit den Liebsten zwei Stunden ab, wenn man es überhaupt schafft, sich zu sehen.
Jetzt rächt sich der Sparkurs des vormaligen Bahnkonzernchefs Hartmud Mehdorn, der rigoros mehrere Zehntausende Arbeitsplätze abbaute, um das Unternehmen fit für die Börse zu machen. Die DB Netz AG verlor besonders viele Arbeitskräfte, auf Neueinstellungen wurde verzichtet. Eine ganze Ausbildungsgeneration soll fehlen. In Mehdorns Amtszeit wurden Entscheidungen getroffen, die nicht kurzfristig zu beheben sind. Seinem Nachfolger Rüdiger Grube fällt das jetzt auf die Füße. Der öffentliche Druck lastet nun schwer auf den Verantwortlichen, ein Bahnvorstand soll gehen.
Weichenstellung: Die Bahn schwächelt als Alternative zum Auto
###mehr-personen###Die Deutsche Bahn ist ein Wirtschaftsunternehmen und handelt entsprechend. Es ist zumindest Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die Deutsche Bahn ihren gesellschaftlichen Aufgaben nachkommt, die sie als subventioniertes Unternehmen in Deutschland nun einmal hat und mit denen sie gutes Geld verdient. Pendler und Reisende sind stinksauer. Bundesweit sollen nach der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) 1000 Fahrdienstleiter fehlen. Ausfälle dieser Art waren damit vorprogrammiert. Wer jetzt über Mainz lacht, kann morgen schon selbst betroffen sein. Mainz ist überall und die Liste der Zugausfälle wird immer länger: Zwickau, Friedrichssegen oder Bebra hatten bereits Stellwerkprobleme.
Und was war die Jahre zuvor? Radreifenbruch, S-Bahn-Chaos in Berlin, ausgefallene Klimaanlagen. Und was kommt? Die Verantwortlichen stellen klar, dass sich der Mitarbeiternotstand nicht von heute auf morgen beheben lässt. Ist damit der Gesamtanspruch der Deutschen Bahn gescheitert, die umweltfreundliche Alternative zum Auto zu sein? Hoffentlich nicht! Sonst ist der Zug bald abgefahren.