Großbritanniens Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung

Foto: epd-bild/Friedrich Stark
Messer und Klingen, mit denen in Kenia jungen Mädchen die Genitalien beschnitten werden.
Großbritanniens Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung
Auch in Europa wird weibliche Genitalverstümmelung praktiziert. In Großbritannien sind deshalb 66.000 Frauen in ärztlicher Behandlung. Bis heute wurde auf der Insel noch kein Täter von einem Gericht verurteilt.

Ayanna war 14, als sie ihre Eltern von Großbritannien nach Sierra Leone brachten. "Ich wusste gar nicht, was mit mir passiert", erinnert sie sich in einer Reportage der BBC. "Dann konnte ich das Ritzen der Messer hören." Sie ist eine der 66.000 Frauen in Großbritannien, die der nationale Gesundheitsdienst NHS wegen Genitalverstümmelung behandelt.

Die betroffenen Frauen haben teilweise mit schweren Folgeschäden zu kämpfen. Dazu gehören Inkontinenz, Probleme mit der Menstruation, dem Urinieren, beim Geschlechtsverkehr und bei Geburten. 17 Kliniken im Königreich sind auf die Behandlung der Frauen spezialisiert. Der NHS hat umfangreiche Behandlungsrichtlinien erlassen und ist damit weltweit führend bei der Behandlung der Opfer.

Kulturelle Tradition mit religiöser Begründung

125 Millionen Frauen weltweit sind nach einer aktuellen Studie von UNICEF von Genitalverstümmelung betroffen. Laut UN lehnt die Mehrheit der Menschen in den 29 Ländern, in denen sie praktiziert wird, dies ab. In Somalia liegt der Anteil der Frauen, die verstümmelt wurden, laut UNICEF bei 98 Prozent. Dabei wird diese Praktik unabhängig von einer bestimmten Religion ausgeübt. Sie ist vielmehr Teil einer kulturellen Tradition, die allerdings oft religiös begründet wird. In Niger sind beispielsweise 55 Prozent aller christlichen Frauen davon betroffen.

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Obwohl es seit 1985 in Großbritannien verboten ist, weibliche Genitalien zu beschneiden und in Großbritannien lebende Kinder dafür ins Ausland zu bringen, nimmt die Zahl der betroffenen Frauen und Kinder im Land nicht ab. Nach einer Studie der Organisation Forward sind allein im Vereinigten Königreich mehr als 20.000 Mädchen akut bedroht. Die Eltern schicken die Kinder in den Schulferien in ihr Heimatland, um die schmerzhafte und folgenschwere Prozedur vornehmen zu lassen. Immer wieder gibt es aber auch Berichte, es würden auch in Großbritannien auf sogenannten Beschneidungspartys Verstümmelungen vorgenommen. Dennoch gab es in den vergangenen 30 Jahren von keinem Gericht eine Verurteilung.

"Eine Mauer des Schweigens"

Der Druck auf die britische Regierung, konsequent gegen diese Praktik einzutreten, wächst. Gemeinsam mit der Kinderschutzorganisation NSPCC wurde nun eigens ein 24-Stunden-Telefon eingerichtet. Man erhofft sich so, im Vorfeld schneller von geplanten Verstümmelungen zu erfahren. Auch Kinder, die davon bedroht sind, können sich an die Organisation wenden.

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Lisa Harker, Strategie-Chefin von NSPCC, sagt, noch immer würden Opfer weiblicher Genitalverstümmelung im Königreich "hinter einer Mauer des Schweigens" versteckt. "Wenn wir Genitalverstümmelung nicht aufdecken, wird sie weiter florieren, und immer mehr Kinder müssen leiden." Viele Kinder wüssten vorher gar nicht, dass ihnen etwas Schlimmes widerfährt. "Sie bekommen erzählt, dass sie unrein seien und dass es unmoralisch ist, sich nicht schneiden zu lassen und dass es in ihrem Interesse sei", sagt sie. "Es gibt innerhalb der Gruppen einen enormen Druck, über weibliche Genitalverstümmelung zu schweigen. Manchen Leuten wird sogar mit Gewalt gedroht, wenn sie darüber reden." Die jetzt eingerichtete Telefonhotline sei wichtig, um Kinder vor dieser tabuisierten Art von Misshandlung zu schützen.