Die Maßstäbe sind ein bisschen hoch gegriffen. Fast alle Beteiligten schwärmen von einer "schwarzen Komödie", es fällt gar der Name der Coen-Brüder, aber von deren speziellem Humor und ihrer unnachahmlich lakonischer Erzählweise ist "Riskante Patienten" doch ein ganzes Stück entfernt; selbst wenn der Film ein Werk des kongenialen Duos Daniel Nocke (Buch) und Stefan Krohmer (Regie) ist, deren gemeinsame Dramen ("Ende der Saison", "Familienkreise") vielfach ausgezeichnet worden sind. Natürlich sind Komödien über Krebskranke hierzulande eher die Ausnahme; aber es hat sie durchaus schon gegeben.
Plan A und Plan B
Hauptfigur der Geschichte ist ohnehin ein Heilpraktiker, und darauf beruht im Grunde die ganze Absurdität der Handlung: Der Mann stolpert mitten in einen Thriller hinein. Normalerweise würden sich der sanfte und etwas naive Homöopath Jan (Devid Striesow) und der grobschlächtige Ganove Rudger (Martin Feifel) nie über den Weg laufen, aber Rudger ist nicht nur der Ex von Jans Freundin Milene (Joanna Kitzl), sondern auch der Erzeuger ihres Sohnes Lenny; und weil er will beide zurück haben will, soll Jan aus seiner eigenen Wohnung ausziehen. Der wendet sich in seiner Not hilfesuchend an den früheren Kollegen (Aljoscha Stadelmann). Steve ist zwar eine ziemlich zwielichtige Gestalt mit Kontakten zu noch lichtscheueren Kreisen, hat abergleich zwei Ideen. Plan A: ein Denkzettel, Plan B: die finale Lösung. Plan B ist Jan zu endgültig und außerdem zu teuer, Plan A bereitet ihm deutlich weniger Gewissensbisse. Dummerweise hat auch Rudger Freunde, das Überfallkommando kommt ziemlich unter die Räder. Und dass der Ganove die Sache nicht auf sich sitzen lässt, ist auch klar.
Die Geschichte bietet auch so schon allerlei Anlass für haarsträubende Situationen, aber natürlich ist Jans Beruf kein Zufall: Als Rettung in der Not entpuppt sich ausgerechnet die krebskranke Patientin Dorothee (Corinna Kirchhoff), die der Schulmedizin misstraut. Und da ihr Mann bereit ist, jede Summe zu zahlen, kann sich Jan nun auch Plan B leisten. Das muss er auch, denn Rudger hat keinerlei Skrupel, über Leichen zu gehen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Nocke hätte das Drehbuch sicher noch frecher und vor allem schmutziger schreiben, Krohmer es noch kantiger und roher umsetzen können; gerade der versprochene schwarze Humor fällt doch eher öffentlich-rechtlich aus. Andererseits wäre bei größerer Zuspitzung womöglich der Sendeplatz gefährdet gewesen. Und sehenswert ist "Riskante Patienten" schon allein wegen der beiden Gegenspieler; auch wenn Striesow und der herrlich ungehobelte Feifel jetzt nicht gerade gegen den Strich besetzt worden sind. Ohnehin stiehlt ihnen Theaterschauspielerin Corinna Kirchhoff, die viel zu selten für Film und Fernsehen arbeitet (gut vierzig Rollen in 35 Jahren), einige Male die Show: Am Ende ist es Dorothee, die nichts mehr zu verlieren hat und tatkräftig für einen dann doch rabenschwarzen Schluss sorgt.