Sicherheit als "Supergrundrecht"? Protest gegen Friedrich

Foto: dpa/Britta Pedersen
In der Kritik: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
Sicherheit als "Supergrundrecht"? Protest gegen Friedrich
In der Diskussion über das massenhafte Ausspähen durch den US-Geheimdienst NSA sieht sich die Regierung mit vielen Fragen konfrontiert. Der Bundesinnenminister betont die Bedeutung der Sicherheit - und erntet heftige Kritik.

Sicherheit als "Supergrundrecht"? Eine entsprechende Äußerung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat heftige Kritik ausgelöst. Netzaktivisten warfen dem CSU-Politiker am Mittwoch vor, damit die Bedeutung zentraler Grundrechte zu schmälern. Friedrich hatte nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" im Anschluss an eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am Dienstag erklärt: "Sicherheit ist ein Supergrundrecht". Das Gremium beschäftigte sich mit der massenhaften Sammlung persönlicher Daten in Deutschland durch den US-Geheimdienst NSA.

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Der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hans Michael Heinig, sagte am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wenn es ein Supergrundrecht gibt, dann ist das ist die Menschenwürde." Zu dieser gehöre auch das Leben in Freiheit dazu, und "gehaltvolle Freiheit heißt immer auch, ein Mindestmaß an Sicherheit zu haben". Der Göttinger Jurist fügte hinzu: "Sicherheit ohne Freiheit ist dem freiheitlichen Verfassungsstaat fremd. Sicherheit ist kein Selbstzweck, sondern das Instrument."

Die Expertin für internationales Recht bei Amnesty International, Maria Scharlau, sprach auf Anfrage des epd von einer gefährlichen Äußerung. In der Vergangenheit hätten Staaten unter Berufung auf die Sicherheit immer wieder Menschenrechte verletzt. "Der Gewinn an Sicherheit durch Maßnahmen wie Datenüberwachung und Inhaftierung ist immer ungewiss - der Verlust an Freiheit jedoch sicher und endgültig." Staaten dürften nicht im rechtsfreien Raum agieren.

Im Internet-Dienst Twitter schrieb der bayerische Fachanwalt Thomas Stadler: "Schön, dass wir endlich ein Supergrundrecht haben, das alle anderen überstrahlt" und fügte hinzu: "Menschenwürde? Nein, Sicherheit." Schutzpflichten des Staates seien kein Grundrecht, bemängelte Stadler. Von einem Innenminister sei ein Mindestmaß an juristischer Dogmatik zu erwarten.

"Mindestmaß an juristischer Dogmatik"

Die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak (Die Linke) schrieb in ihrem persönlichen Blog: "Die Grundrechte stehen in Deutschland im Grundgesetz. Da wurde ich - was die Sicherheit angeht - aber nicht fündig." Von Seiten der Piratenpartei meinte Matthias Schrade auf Twitter: "Möchte mein Supergrundrecht auf Sicherheit gegen die drei Basis-Grundrechte auf Privatsphäre, Briefgeheimnis und Meinungsfreiheit tauschen."

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Friedrich hatte sich Ende vergangener Woche in den USA um Aufklärung zu dem NSA-Ausspähprogramm "Prism" bemüht. Die USA rechtfertigen die massenhafte Datensammlung mit der Abwehr von Terroranschlägen und der Eindämmung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Datenschützer kritisieren das Programm hingegen als massiven Eingriff in Grundrechte. Auslöser der Debatte war Anfang Juni die Veröffentlichung von geheimen Informationen durch den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden.