TV-Tipp des Tages: "Das Venedig Prinzip" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Das Venedig Prinzip" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Das Venedig Prinzip", 16. Juli, 22.45 Uhr im Ersten
Venedig geht unter: Schuld daran sind der Massentourismus, brüchige Gebäude und die fehlende Infrastruktur für Bewohner. Ein ergreifend leiser Abgesang auf eine Stadt, die langsam zum Bilderbuch einer vergangenen Zeit mutiert.

Die Aufnahme erinnert an Science-Fiction-Filme: Wie ein außerirdisches Raumschiff schiebt sich hinter der Kulisse Venedigs ein gigantisches Kreuzfahrtschiff ins Bild. Das ebenso einfache wie beredte Motiv bringt auf den Punkt, warum Andreas Pichler "Das Venedig Prinzip" gedreht hat.

Tagsüber voller Leben, nachts wie ausgestorben

Im Schnitt strömen pro Tag 65.000 Besucher in die Stadt, die mittlerweile nur noch knapp 60.000 Einwohner hat; und täglich werden es weniger. Ganze Viertel stehen leer, weil sich die Einheimischen die horrenden Mieten nicht mehr leisten können und aufs Festland ziehen. Die Häuser werden an reiche Ausländer verkauft, die nur ein paar Mal im Jahr herkommen. Venedig entwickelt sich zu einem Vergnügungspark: tagsüber voller Leben, aber nachts, wenn die Lichter verlöschen, wie ausgestorben. Falls der steigende Meeresspiegel nicht schon vorher dafür sorgt, lässt sich exakt ausrechnen, wann Venedig endgültig zur Geisterstadt wird.

Es spricht für die Qualität des Dokumentarfilms, dass er seine Botschaft dennoch eher beiläufig vermittelt. Pichler, als Südtiroler gewissermaßen gleichfalls ein Tourismusopfer, enthält sich jedes Kommentars. Es ist auch gar nicht nötig, weitere Worte zu verlieren, schließlich machen die Betroffenen keinen Hehl aus ihrer Haltung. Hin und wieder ergänzt er ihre Ausführungen um sachliche Informationen, aber den Rest besorgen die Bilder; sie machen die eigentliche Qualität des Films aus. Natürlich hat es seinen Reiz, den zornigen Gesprächspartnern und ihren Geschichten zu lauschen, aber viel spannender und dramaturgisch wirkungsvoller sind die optischen Kontrapunkte (Kamera: Attila Boa), weil Pichler die bekannten Klischeebilder immer wieder mit der buchstäblich dunklen Seite der Stadt kontrastiert.

Das Werk hat ohnehin viele Einblicke zu bieten, die einem als Besucher in der Regel verwehrt bleiben. Der Titel deutet allerdings an, dass dem Regisseur mehr als bloß ein Film für potenzielle oder frühere Besucher der "Serenissima" vorschwebte: Das Venedig-Prinzip gilt für alle Stadtzentren, die nicht mehr den Bedürfnissen ihrer Bewohner, sondern dem Massentourismus dienen.