Getauscht, verliehen, verschenkt

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Pferd gegen Rasenmäher? Oder Reitunterricht gegen Gartenpflege? Tauschen ist das neue Haben.
Getauscht, verliehen, verschenkt
Alles besitzen wollen, das war gestern. Teilen, Leihen und Tauschen ist "in". Jeder Zweite ist heute Teil der "Sharing economy", der "Ökonomie des Teilens" - weil das Bewusstsein um Ressourcen wächst
16.07.2013
Katrin Langhans

Häuser tauschen, Werkzeug verleihen oder das Auto mit Fremden teilen – das Internet macht es möglich. "Sharing economy" nennt man das, frei übersetzt "Ökonomie des Teilens". Vor allem die jüngere Generation legt nicht mehr so viel Wert darauf, Dinge zu Besitzen und fordert einen umweltbewussten Ressourcen schonenden Umgang mit der Umwelt. "Mein Haus, mein Auto, mein Pferd" - das war gestern, heute ist es "meine Tauschmietwohnung, mein Carsharing, mein Leihpferd". Werte wie Gemeinschaft und Nachhaltigkeit rücken ins Zentrum der Gesellschaft, jeder Zweite in Deutschland ist Teil der "Sharing economy". Das zeigt eine Studie des Institut für Nachhaltigkeitssteuerung der Leuphana Universität Lüneburg.

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Ständig poppen neue Start-up Unternehmen aus dem Nichts auf und gründen neue Leih- oder Tauschportale im Internet. Noch nie war es so leicht, Dinge und Dienstleistungen zu tauschen. Dabei geht es den meisten Gründern nicht um Profit. Die Plattformen sind oft kostenlos, manchmal sogar mit der Funktion, einen kleinen Beitrag an Umwelt- oder Hilfsorganisationen zu spenden.

Tauschbörse: Biete einen Kühlschrank, suche ein Handy

Jeder kennt das: Ein Fahrrad, das im Keller verstaubt, ein unbenutztes Computerspiel oder Klamotten auf dem Dachboden, die nicht mehr passen. Immer mehr Menschen nutzen Tauschbörsen, stellen ihre Waren ins Netz und tauschen sie gegen etwas, das ihnen nützt. Auf vielen Portalen wie "dietauschbörse.de" wechseln Gegenstände eins zu eins ihren Besitzer. Wer einen Kühlschrank anbietet, bekommt zum Beispiel von einem anderen User ein Fahrrad oder ein Handy angeboten und sagt – bei Bedarf – zu.

Andere Portale wie "swapy.de" arbeiten mit einer Tauschwährung. Der Vorteil: Man tauscht, obwohl der Anbieter kein Interesse an den eigenen Tauschgegenständen hat. Der Nachteil: Man kann erst auf Tauschtour gehen, wenn jemand einen der eigenen Gegenstände erworben hat, vorher fehlt das nötige Tauschwährungsguthaben. Einige Portale, wie "kostenlos-tauschen.com" und "tauschgnom.de" bieten eine gezielte Umkreissuche an  in diesem Fall kann man das ertauschte Gut persönlich abholen und somit die Umwelt schonen.  Auf den Seiten "kleiderkreisel.de" oder "netcycler.de" verkaufen oder verschenken User auch Waren. Die meisten Tauschportale im Netz sind kostenlos, "tauschticket.de" erhebt pro Transaktion 49 Cent Gebühren.

Tauschring: Rasen mähen gegen eine Massage

Das Prinzip des Tausches basiert auf Vertrauen. Bei den klassischen Tauschbörsen verläuft der Tausch weitgehend anonym. In vielen Städten gibt es aber auch lokale Tauschringe, in denen Interessierte Dienstleistungen tauschen können – und sich persönlich treffen. Der eine ist geschickt im Nähen oder Rasenmähen, der andere im Handwerken. Unsere Fähigkeiten können wir in Tauschringen tauschen. Für die Zeit, in der die man anderen Menschen hilft und zum Beispiel die Hecke schneidet, bekommt man als Tauschwährung Zeiteinheiten, oft sogenannte "Talente".

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Diese kann der Nutzer für eine Tätigkeit einlösen, die er selbst nicht so gut kann. Vielleicht braucht er jemanden, der beim Kochen für die nächste Party hilft oder jemanden, der Reitunterricht gibt oder das kaputte Kreuz massiert. In Tauschringen bieten Mitglieder Leistungen an und erfragen Fertigkeiten. Nebenbei lernt man dadurch unkompliziert Leute aus der Nachbarschaft kennen. Die Seiten "Tauschring.de", "tauschringadressen.de" und "tauschen-ohne-geld.de" bieten eine Übersicht zu verschiedenen lokalen Tauschringen in Deutschland.

Leihportal: Eine Mini-Zapfanlage braucht man selten

Es gibt viele Dinge, die man im Leben nur ein- oder zweimal braucht. Zum Beispiel eine Festzeltgarnitur für den 50. Geburtstag, einen Dachgepäckträger für den Kurzurlaub oder einen Akku-Schrauber, um die Garderobe anzubringen. Oft lohnt der Kauf nicht oder es fehlt der Platz, um die Gegenstände im Haus zu lagern. Auf Leihportalen kann man Sachen günstig oder sogar umsonst ausleihen. Meistens verlangen die Anbieter eine geringe Tagesmiete, bei wertvollen Gegenständen oft auch eine Kaution. Umschauen lohnt sich, vom Bohrer, über Spiegelreflexkameras, Laptops oder Gesellschaftsspielen und DVDs bis hin zur Mini-Zapfanlage oder einem Bodenwischroboter kann man so ziemlich alles in der Nachbarschaft - oder auch per Post aus anderen Städten - leihen.

Auf "Leihdirwas.de" dürfen User umsonst Gegenstände online stellen. Kommt es zum Verleih, zahlt der Verleiher 15 Prozent seines Gewinnes an das Portal. Dafür sind seine Gegenstände bis zu 1000 Euro versichert, falls einmal etwas kaputt geht. Das Portal "frents.com" versichert den Verleih nicht, dafür ist die Nutzung kostenlos. Wer privat ein Auto vom Nachbarn leihen möchte kann sich auf "nachbarschaftsauto.de" umsehen.

Wohnungstausch: Eine Nacht bei Fremden

Das Vertrauen geht sogar so weit, dass Fremden die Tür in unser Zuhause geöffnet werden. Auf "Couchsurfing.de" oder "Couch7.de" bieten sich vor allem junge Menschen gegenseitig einen Schlafplatz oder eine private Stadtführung an, ganz umsonst. Es gibt aber auch Seiten, die Übernachtungen in Privatwohnungen vermitteln, wenn im Gegenzug die eigenen vier Wände angeboten werden – in Form eines direkten Tausches. Auf einigen Portalen zahlt man einen monatlichen oder einen jährlichen Beitrag, bei anderen fallen erst dann Gebühren an, wenn ein Tausch zustande kommt. Dafür darf man sich dann im Urlaub wie Zuhause fühlen. Die ältesten Wohnungsbörse "Homelink.de" übernimmt sogar die Hotelkosten, wenn spontan die Partnerfamilie erkrankt und absagt.

Verschenkportal: Ein Menü umsonst kochen

In den letzten Jahren ist Lebensmittelverschwendung immer mehr in Verruf geraten. Circa 80 Kilo Essen wirft eine Person in Deutschland weg. Und, wer kennt das nicht: Man fährt in den Urlaub und im Kühlschrank liegen noch zwei Tomaten oder ein Joghurt. Oder: Man kauft eine Großpackung Karotten, weil es im Supermarkt  keine einzelnen Möhren gibt - dabei braucht man für das Kochen doch nur zwei.

Die Plattform "foodsharing.de" bietet die Möglichkeit, übriggebliebenes Essen zu verschenken. Eine Google-Maps-Karte gibt einen Überblick, welche Lebensmittel in der Nachbarschaft angeboten werden, einen virtuellen Bon ziehen und den Joghurt, die Tomate oder die Möhren zu einer vereinbarten Uhrzeit abholen. So bleibt das Essen vor der Mülltonne bewahrt. Eine App weist sogar den Weg von der eigenen Haustür bis zum Ziel. Auf der Plattform haben User bereits über 8000 Kilo Lebensmittel verschenkt.

Welche Portale in Zukunft aus dem Boden sprießen werden, weiß keiner. Fest steht aber, dass sich das Konsumverhalten wandelt: Der Wunsch, umweltbewusst und nachhaltig zu leben. Das Prinzip der "Sharing economy" setzt sich dabei nicht nur im privaten Bereich durch, selbst die Cebit, die weltweit größte Messe der digitalen Wirtschaft, setzte 2013 das Leitthema "Shareconomy" fest. Das gemeinsame Nutzen von Wissen und Ressourcen. Es wird wachsen. Und alle noch näher zusammen rücken.