TV-Tipp des Tages: "Lösegeld" (Einsfestival)

iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Lösegeld" (Einsfestival)
TV-Tipp des Tages: "Lösegeld", 13. Juli, 20.15 Uhr auf Einsfestival
Ein Industriellensohn ist entführt worden. Der Kidnapper sollte bei der Lösegeldübergabe verhaftet werden, hat die Polizei aber übertölpelt und rettet sich im nächtlichen Wald ins Auto von Nina Hausen, die gerade mit ihrem Hund spazieren gehen will.

Stephan Wagner nennt diesen Film ein "Psychothriller-Krimimelodram". Das ist zwar nicht verkehrt, klingt aber auch etwas unromantisch, denn "Lösegeld" ist dem Titel und dem ersten Akt zum Trotz vor allem eine Liebesgeschichte; aber so ungewöhnlich ausgedacht und umgesetzt, dass es nur wenige Werke gibt, mit denen man Wagners Arbeit vergleichen kann. Das Oeuvre des Autors und Regisseurs reicht von Komödien wie "Dienstreise" (Grimme-Preis 2004) bis zu Dramen wie "In Sachen Kaminski" (2005), und wenn er Episoden für ARD-Institutionen wie "Bloch", "Tatort" oder "Polizeiruf 110" inszeniert, gelingt es ihm regelmäßig, das Spektrum der jeweiligen Reihenkonventionen zu erweitern. Mit "Lösegeld" aber ist ihm einer seiner bislang ungewöhnlichsten Filme gelungen.

Ein Säckchen mit Brillanten

Die Geschichte beginnt als Thriller im Stile Dominik Grafs und leistet sich zudem den Luxus, den Prolog trotz seines Action-Potenzials mündlich nachzureichen: Ein Industriellensohn ist entführt worden. Der Kidnapper sollte bei der Lösegeldübergabe verhaftet werden, hat die Polizei aber übertölpelt und rettet sich im nächtlichen Wald ins Auto von Nina Hausen (Ulrike C. Tscharre), die gerade mit ihrem Hund spazieren gehen will. Es gelingt ihr zwar, den Mann wieder loszuwerden, doch jetzt kommt die Sache erst richtig ins Rollen: Nina findet das Lösegeld, ein Säckchen mit Brillanten; aber der Entführer hat er ihr Portemonnaie samt Personalausweis.

Schon allein diese Erzählebene bietet Stoff genug für einen ganzen Film, doch Wagner schließt das Kapitel mit dem ersten Akt: Als sich der Verbrecher seine Beute zurückholen will, wird er von Kommissar Lysewski (Mišel Mati?evi?) erschossen. Der zweite Akt ist Romanze pur: Nina verliebt sich in ihren Lebensretter. Der Polizist ahnt wohl, dass irgendwas nicht stimmt, gibt sich aber dennoch ganz einem Gefühl hin, an dessen Existenz er schon nicht mehr geglaubt hat. Allerdings hat er nicht mit der Hartnäckigkeit seines Kollegen Weber (Simon Licht) gerechnet; und der bringt den dritten Akt ins Rollen, so dass aus der Romanze ein Krimi wird.

Besonders eindrucksvoll ist der fließende Übergang zwischen den Genres. Die gegenseitigen Anziehungskräfte der späteren Liebenden machen sich natürlich schon während der Thrillerphase bemerkbar, und die Krimiebene schwingt unterschwellig auch in der Romanze bereits mit. Das Schlussdrittel schließlich lebt naturgemäß nicht zuletzt von der Frage, wie die Geschichte wohl enden wird. Dass man diesen Wechseln der Vorzeichen nicht nur bereitwillig, sondern begeistert folgt, verdankt der Film den drei ausgezeichneten Hauptdarstellern und ihrem nuancierten Spiel, das zudem vergessen lässt, wie konstruiert der Entwurf der Figuren im Grunde ist: Nina leitet einen Eskortservice und war früher selbst aktiv; zu ihren Kunden zählte unter anderem Weber.

###autor###

Der wiederum ist alles andere als sympathisch, aber dafür ein loyaler und integrer Polizist, was man von Lysewski nicht sagen kann; doch der ist der Sympathieträger. Diese Doppelbödigkeit der Figuren passt perfekt zur Vielschichtigkeit der Geschichte, die zudem nicht unerheblich durch die Bildgestaltung von Thomas Benesch und den entspannten Jazz von Irmin Schmidt geprägt wird. Düsseldorf als relativ unverbrauchter Großstadtdrehort macht sich auch recht gut. Und wenn man denkt, nun sei alles vorbei, zaubert Wagner Paul Faßnacht in einer Minirolle aus dem Hut und gibt der Handlung eine letzte entscheidende Wendung.