Die Nachricht reißt eine alte, nie ganz verheilte Wunder auf. Vor 17 Jahren hat Familienrichterin Susanne Jacob (Anneke Kim Sarnau) als junges Mädchen ihr Baby zur Adoption freigegeben. Als sie Post von einem italienischen Notar bekommt, kehren die Schuldgefühle zurück; und mit ihnen die Sehnsucht, wenigstens ein Mal das Mädchen zu sehen, das heute so alt ist, wie sie damals war. Doch das ist nur die eine Ebene dieser gefühlvollen, aber nie sentimental erzählten Geschichte von Martin Kluger und Maureen Herzfeld. Die andere Perspektive schildert die Sichtweise der 17jährigen Lilli, die ständig Streit mit ihrer Mutter hat: Sie fühlt sich fremd im eigenen Leben.
Eine Aura der Unsicherheit
Die junge Frau ist erneut eine große Rolle für Janina Stopper, die bislang bei allen Auftritten (etwa der "Bloch"-Folge "Wut" oder in "Tatort: Kleine Herzen") gerade gemessen an ihrem Alter mit beeindruckender Intensität gespielt hat. Auch Lilli versieht sie mit einer imponierenden Reife. Sie ist die perfekte Besetzung für eine Figur, deren Aura eine Unsicherheit vermitteln muss, die nicht allein eine Frage des Alters ist.
Natürlich sind die beiden anderen Frauenfiguren ähnlich wichtig. Saskia Vester verkörpert Lillis Adoptivmutter mit viel Überzeugungskraft: Karina und Rolf Bartels (als Gatte: Jürgen Tonkel) haben Lilli nie erzählt, dass sie nicht ihre leibliche Tochter ist. Ähnlich glaubwürdig spielt Anneke Kim Sarnau die zwischen Gesetz, Moral und Mutterliebe hin und hergerissene Susanne, die Lilli natürlich nicht die Wahrheit sagen darf. Dass sie sich den Namen der Bartels geben lassen hat, war bereits ein klarer Gesetzesverstoß. Aber nun vernachlässigt sie auch Beruf und Familie (ihren Mann spielt Hans-Jochen Wagner), weil ihr Lilli nicht mehr aus dem Kopf geht. Sie hindert die junge Frau am Ladendiebstahl, doch das führt nur dazu, dass das Mädchen sie umgehend als Bezugsperson akzeptiert. Als Lilli zufällig Zeugin eines Streits zwischen Karina und Rolf wird, erfährt sie endlich die Wahrheit und fühlt sich prompt von allen verraten: von den Eltern, weil die sie 17 Jahre lang belogen haben; und von Susanne, weil die sie einst weggegeben hat.
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Immer wieder findet der Film (Regie: Matthias Tiefenbacher) gerade auch in der Gärtnerei der Adoptiveltern anschauliche Bilder, um die Gemütslage der Beteiligten zu verdeutlichen. Die treffendste Szene trägt sich gegen Ende zu, als die drei Frauen gemeinsam in dem Haus übernachten, das das Mädchen vom leiblichen Vater geerbt hat: Beim nächtlichen Gewitter kann sich die verängstigte Lilli nicht entscheiden, zu welcher Mutter sie ins Bett schlüpfen soll.