Zwangspause für Krimifans im Sommer ohne Tatort

Die Kommissare Faber (Jörg Hartmann), Stellbrink (Devid Strriesow), Tschiller (Til Schweiger) und Falke (Wotan Wilke Möhring) - Teil des Erfolgs der beliebten Krimireihe.
Foto: dpa/dpa
Die Kommissare Faber (Jörg Hartmann), Stellbrink (Devid Strriesow), Tschiller (Til Schweiger) und Falke (Wotan Wilke Möhring) - Teil des Erfolgs der beliebten Krimireihe.
Zwangspause für Krimifans im Sommer ohne Tatort
Nach seiner Rekordsaison verabschiedet sich der "Tatort" am Sonntag, 23. Juni, mit Klara Blums 25. Einsatz am Bodensee in die Sommerferien, und Skeptiker warnen vor Inflationsgefahr.

Es war eine Saison der Rekorde: Der "Tatort" legte in den zurückliegenden Fernsehmonaten einen ähnlichen Durchmarsch hin wie der FC Bayern München in der Bundesliga. Jetzt geht Deutschlands traditionsreichste und beliebteste Krimireihe bis Mitte August in die Sommerferien, der Pharmakrimi "Tatort: Letzte Tage" (23.6., 20.15 Uhr, ARD) mit der Konstanzer Kommissarin Klara Blum (Eva Mattes) ist die letzte Erstausstrahlung vor einer siebenwöchigen Saure-Gurken-Zeit. Als Überbrückung für daheimgebliebene Krimifans gibt es sonntagabends sechs "Tatort"-Wiederholungen und einen neuen "Polizeiruf 110" mit Matthias Brandt aus München. Nach jetzigem Planungsstand beginnt die neue "Tatort"-Saison erst am 18. August mit einem Einsatz für den Schweizer Ermittler Reto Flückiger.

In ihrem 25. Fall muss Bodensee-Seelchen Klara Blum den Mord an einem leukämiekranken Familienvater klären, der tot auf der Fähre gefunden wurde, auf halber Strecke zwischen Deutschland und der Schweiz: Das Kompetenzgerangel zwischen der Konstanzer Kommissarin und ihrem smarten Schweizer Kollegen Matteo Lüthi (Roland Koch) prägt den Film, der sich um die Machenschaften einer Medikamentenfirma dreht, die ein neues Leukämiemittel auf den Markt gebracht hat: Die Pharmaindustrie übernimmt in dem Krimi die eigentliche Schurkenrolle, und in der Nebenhandlung verliebt sich Blums Kollege Perlmann (Sebastian Bezzel) in eine Krebspatientin.

Eine Rekordsaison für das "letzte Lagerfeuer"

Eher unspektakulär geht damit eine spektakuläre "Tatort"-Saison zu Ende. Kaum hatte Til Schweiger mit seinem viel diskutierten Debüt als Hamburger Haudrauf-Kommissar 12,57 Millionen Zuschauer geholt und damit einen 20-Jahres-Rekord aufgestellt, wurde er schon von den Kollegen aus Münster (12,99 Millionen) entthront.

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Wotan Wilke Möhring, Axel Milberg, Maria Furtwängler oder Ulrike Folkerts sorgten mit ihren mal konventionellen, mal experimentellen Einsätzen für Spitzenquoten, Schlagzeilen und Gesprächsstoff in Kantinen und sozialen Netzwerken. Die mehr als 40 Jahre alte Reihe ist das letzte große Lagerfeuer, um das sich die Fernsehnation scharen kann: Die Zuschauer twittern, chatten und posten während des Krimischauens, in unzähligen "Tatort"-Kneipen überall in Deutschland wird das Krimigucken zum Event.

Aber kann die hitzige Rekordjagd des Traditionsformats ewig so weitergehen, oder kommt irgendwann die große Übermüdung des Publikums und damit eine Quotendelle? Zuletzt konnten Krimis mit Harald Krassnitzer als Ermittler aus Wien und Sabine Postel als Kommissarin aus Bremen nicht mit den Spitzenzahlen anderer Erstausstrahlungen mithalten. Skeptiker warnen schon vor einer Inflationsgefahr durch die Fülle der Ermittler – 19 Teams sind aktuell im Einsatz. Ausgerechnet SWR-Intendant Peter Boudgoust, in dessen Zuständigkeitsgebiet drei "Tatorte" angesiedelt sind, mahnte unlängst, man dürfe die Reihe nicht überstrapazieren: "Wir kommen jetzt an eine Grenze." Auch Schauspieler Andreas Hoppe, der als Ludwigshafener Ermittler Mario Kopper neben Ulrika Folkerts alias Lena Odenthal Fälle löst, bereitet die hohe Ermittlerzahl im "Tatort" ein mulmiges Gefühl: "Er verliert dadurch seine Einzigartigkeit."

Mit einem schrägen Duo startet die nächste Saison

Gerade die neueren Spürnasen werden denn auch bewusst auf Unikum getrimmt, damit sie nicht in der Ermittlerflut untergehen. Bei Devid Striesow als Saarbrücker Ermittler mit Esoterik-Meise, Ulrich Tukur als hessischem Kommissar, der mit seinem Kopftumor spricht, oder Jörg Hartmann als Soziopath aus Dortmund wurde in Sachen Originalität der Bogen fast schon überspannt.

Bedenken hin oder her: Eine Atempause vom mörderischen Tempo wird sich der "Tatort" auch in der neuen Saison nach der Sommerpause nicht gönnen. Mit Christian Ulmen und Nora Tschirner, die in einem Weihnachts-"Tatort" in Weimar ermitteln sollen, steht ein ganz besonders schräges Duo in den Startlöchern, und das neue Erfurter Team (Debüt im November) wird das jüngste aller Zeiten werden. Schon ist zudem ein brandneuer "Tatort" aus Franken geplant, und in Frankfurt am Main werden die Nachfolger von Joachim Król und Nina Kunzendorf ermitteln – langweilig wird es den "Tatort"-Fans also bestimmt nicht.