Der Traum vom großen Finale

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Der Traum vom großen Finale
In München findet am 25. und 26. Juni die erste Fußball-EM für Obdachlose statt. Gespielt werden zwei mal sieben Minuten mit vier gegen vier Spielern. Für viele Wohnungslose ist der Sport der einzige Antrieb: Sie fassen wieder Mut für ihren Alltag.
25.06.2013
epd
Hanna Jochum

Alex Späth startet an der Torauslinie, zieht an einem Gegenspieler vorbei und postiert sich im gegnerischen Strafraum. Kapitän Manfred - Manni - Scheppan steckt den Ball nach vorne zu Späth durch, der täuscht einen Haken an und drischt das Leder in den rechten Winkel. Tooooor!!! Das Team vom Adolf Mathes Haus des katholischen Männerfürsorgevereins München (KMFV) trainiert für den ganz großen Traum vom Finale: Am 25. und 26. Juni findet in der bayerischen Landeshauptstadt die erste Straßenfußball-Europameisterschaft für Obdachlose statt.

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Der achtköpfige Kader übt auf einem Bolzplatz in der Isarvorstadt für das Großereignis. Drei Stunden lang beackern die Hobbyfußballer an diesem Morgen das Feld. Mit vollem Körpereinsatz wird gedribbelt, gegrätscht und über Schürfwunden hinweggesehen, bis die Spielregeln verinnerlicht sind. Die nämlich sollen für Kurzweile sorgen: Vier gegen Vier treten auf dem Streetcourt gegeneinander an. Gespielt werden zwei mal sieben Minuten. Die Männer rechnen sich allerdings keine allzu großen Chancen aus. "Wir spielen um das hintere Mittelfeld", schätzt Trainer Mohammad Tufik.

Aber bei der EM geht es auch nicht nur um den Wettbewerb. Fußball habe einen pädagogischen Wert, betont Sozialarbeiter Gabriel Schaub vom Adolf Mathes Haus. Die Wohnungshilfeeinrichtung organisiert den Event zusammen mit Partnern aus Sport, Politik und Wirtschaft. "Wohnungslosigkeit ist mit vielen Vorurteilen belastet, die so nicht mehr zutreffen", sagt Schaub. Obdachlosigkeit könne jeden treffen, da reiche ein Schicksalsschlag.

Wohnungslose rücken in den Mittelpunkt

Derzeit gibt es etwa 500 Obdachlose in München. Mehr als 5.000 weitere Menschen sind untergebracht in Notquartieren, Clearingstellen und Wohnungshilfeeinrichtungen. Die EM soll den Veranstaltern zufolge für die Notsituation der Betroffenen sensibilisieren.

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Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ist überzeugt, aktuelle Themen der Wohnungslosigkeit könnten durch das Turnier - anders als sonst üblich - in einem positiv besetzten Umfeld aufgegriffen werden. "Noch wichtiger finde ich es aber, dass hier die Wohnungslosen selbst einmal in den Mittelpunkt rücken", hebt Ude hervor. Daher habe er die Schirmherrschaft für die EM übernommen.

Ein Hobbyfußballer vom Adolf Mathes Haus sieht die Aktion allerdings skeptisch. "Das Geld, das für das Turnier ausgegeben wird, sollte besser den Obdachlosen direkt zugutekommen", fordert er. Deshalb wolle er auch nicht mitmachen bei dem Wettbewerb. Der Torwart hingegen argumentiert, für viele Wohnungslose sei Fußball der einzige Antrieb.

"In den sieben Minuten sind die Sorgen einfach weg"

Organisator Schaub kann das bestätigen. Die Bewohner des Adolf Mathes Hauses seien durch das Training auch im Alltag engagierter, zuverlässiger und pünktlicher. "Das sind Schlüsselerlebnisse, die sehr wichtig sein können für die Entwicklung", bewertet er die EM. Daher seien neben großen Fußballtalenten bewusst Männer in den Teams, die etwas Besonderes in ihrer Geschichte oder ihrem Charakter hätten.

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Kapitän Manni Scheppan etwa lebt seit gut einem Jahr in der Einrichtung. Vor dieser Zeit habe er mit Sport nichts am Hut gehabt, gesteht der 22-Jährige. Mittlerweile habe er mehrere Turniere gespielt. Unter ständig wechselnden Mitspielern, die in die Obdachlosigkeit hineinrutschen oder es heraus schaffen, ist Scheppan fast ein Routinier. Lediglich auf die Frage nach dem Namen seines Teams reagiert der groß gewachsene Kapitano verunsichert: "Einen richtigen Namen haben wir noch gar nicht", erwidert er und trommelt in einer Trainingspause sogleich seine "Jungs" zusammen, um über Ideen zu brüten.

Sozialarbeiter Schaub freut die Begeisterung der Männer. "Das Schöne am Fußball ist, dass in den sieben Minuten die Sorgen einfach weg sind", sagt er zufrieden. Einzig einen Promi für die Siegerehrung der EM-Helden würde er sich wünschen. "Für viele wäre es einfach das Größte." Die Spieler vom Adolf Mathes Haus zumindest sind sich einig, wer den Siegerpokal überreichen soll: "Oli Kahn wäre genial", sagen sie einhellig.