Per Smartphone in den Kirchenvorstand

Foto: epd-bild/EKKW
Ein Klick, eine Stimme: In der kurhessischen Kirche ist im Herbst die Kirchenvorstandswahl per Smartphone möglich.
Per Smartphone in den Kirchenvorstand
In Nordhessen können evangelische Christen erstmals online ihre Stimme abgeben - für die Kirchenvorstandswahlen im Herbst. Das Pilotprojekt Online-Wahl interessiert über die Grenzen der Kirche hinaus.
31.07.2013
epd
Christian Prüfer

"Dein Klick zählt" prangt es von einem Banner am Kasseler Haus der Kirche. Wer meint, hier gehe es um ein Online-Voting für den beliebtesten Pfarrer oder die schönste Kirche, liegt falsch. Denn hinter dem Slogan verbirgt sich eine Neuerung im kirchlichen Leben: Erstmals sollen rund 800.000 Wahlberechtigte in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck per Computer oder Smartphone ab Ende August ihre Kandidaten in den Kirchenvorstand wählen können. Hinter dem scheinbar simplen Vorgang verbirgt sich ein hochkomplexes System.

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Frank Liese vom Kasseler Landeskirchenamt ist Projektleiter Online-Wahl. Er hat sich vor dem Start die bisherigen Kirchenvorstandswahlen, die alle sechs Jahre stattfinden, genau angeschaut. "Ähnlich wie bei politischen Urnengängen wird die Briefwahl immer stärker in Anspruch genommen", sagt er. Rund 16 Prozent der Wähler - die Beteiligung 2007 lag bei 25,7 Prozent - hätten diese Methode bei der Wahl im Jahr 2007 genutzt. Das ist ein immenser Aufwand für die Gemeinden und ein gewichtiger Grund, auf eine Online-Wahl zu setzen.

Es wäre jedoch zu teuer gewesen, ein eigenes Online-Wahlsystem zu entwickeln. Das Know-how stammt vom Kasseler Unternehmen Micromata, das das Programm "Polyas" entwickelt hat. "Wir haben seit 1996 Erfahrungen mit Online-Wahlen", sagte Kai Reinhard von Micromata. In Kooperation mit dem EDV-Zentrum für Kirche und Diakonie soll für einen korrekten Ablauf gesorgt werden.

"Auch bei der Politik schaut man auf uns"

Das Projekt stoße auf großes Interesse auch außerhalb von Nordhessen, sagt Liese. Viele evangelische Landeskirchen verfolgten es sehr genau. "Auch bei der Politik schaut man auf uns", sagt er. Kein Wunder. Zwar kann man hierzulande über Wettkönige, die bayerische Bierkönigin oder die gefährlichsten Finanzprodukte in Europa abstimmen, doch in die Politik ist die Online-Abstimmung bisher noch nicht vorgestoßen. Den Einsatz von rund 1.800 Wahlautomaten bei der Bundestagswahl 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht beanstandet.

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Auf Vereinsebene aber kämen elektronische Wahlen in Deutschland durchaus schon zum Einsatz, sagt Reinhard. "Andere Länder wie etwa Estland haben auch schon erfolgreich politische Wahlen online abgehalten". In Deutschland aber ist das jetzige Vorhaben der Kirche ein Pilotprojekt.

Obwohl die Abstimmung selbst kaum komplizierter ist als ein Einkauf bei einem Online-Händler, verbirgt sich hinter der Prozedur ein ausgeklügeltes System, das fälschungssicher sein soll. So muss jeder Wähler sein Geburtsdatum und einen achtstelligen Code eingeben, den er mit seiner Wahlbenachrichtigung erhält. "Allein diese Kombination lässt 20 Billionen Möglichkeiten zu", sagt Liese. Aber das allein wäre noch nicht sicher genug.

Virtuelle Wahlurnen

"Am ersten Tag der Online-Wahl, die vom 27. August bis zum 22. September möglich sein wird, schaltet der Online-Wahlvorstand die Wahlplattform frei", schildert Liese die Prozedur. Es werde zwei verschiedene Server an zwei Standorten geben, ergänzt Reinhard. Auf dem einen liege das Wählerverzeichnis, der zweite fungiere als "Validator", der noch einmal überprüfe, ob alles auch seine Richtigkeit habe. Die online abgegebenen Stimmen werden dann in einer virtuellen Wahlurne gesammelt und an die jeweiligen Gemeinden weitergeleitet.

Wie bei der Briefwahl sind dort die Wähler mit den Wahllisten abzugleichen und die online abgegebenen Stimmen zu zählen. Theoretisch sei natürlich eine Manipulation möglich, räumt Reinhard ein. Doch dies erkenne das System sofort. Obwohl das Potenzial für kriminelle Fälscher bei einer Kirchenvorstandswahl eher gering erscheint, will Liese absolut sichergehen. "Wenn die Online-Wahl schiefgeht, wäre das ein großer Imageverlust."

Am 26. August werden die Benachrichtigungen für die rund 800.000 Wahlberechtigten zwischen 14 und 109 Jahren versandt. Dabei sind herkömmliche Wahl und Briefwahl natürlich weiterhin möglich. "Ein Test hat gezeigt, dass eine große Mehrheit der Online-Wähler gleich am ersten Tag wählt", sagt Liese. Bei einer Testwahl vor wenigen Wochen lief alles wie gewünscht.