Für einen ausgewiesenen Genre-Spezialisten wie Rainer Matsutani ist diese turbulente Romanze ein eher ungewöhnliches Werk, erst recht gemessen an Thrillern wie "Das Papstattentat", "Das Inferno" oder seinem aktuellen Kinofilm "Zimmer 205". Andererseits war schon sein Regiedebüt "Nur über meine Leiche" (1995) vorwiegend heiter, von "666 – Trau keinem, mit dem du schliefst" und seinen Erfahrungen bei Anke Engelkes Format "LadyLand" ganz zu schweigen. Trotzdem fällt "Der Vollgasmann" aus dem Rahmen: Nach einem Drehbuch von Thomas Kirdorf ("Alpenglühen", "Küss mich, Kanzler!") hat Matsutani eine temporeiche kurzweilige Komödie gedreht. Der Film lebt von der typischen Kombination zweier Hauptfiguren, die kaum gegensätzlicher sein könnten: Henry Denninger, einst erfolgreicher Rallyefahrer, ist mittlerweile Chef eines Rennstalls und lässt sein Team ausgerechnet im beschaulichen Breisgau für die Rallye TransAfricana trainieren. Gegenspielerin Claire Leonhardt ist Umweltaktivistin und vertritt eine Organisation, die Denningers Testfahrten und am liebsten auch die Rallye verbieten lassen will.
Ein Wandel durch die Liebe
Natürlich ist eine Liebesbeziehung zwischen diesen beiden Kontrahenten nicht unmöglich, aber doch ziemlich abwegig. Noch unglaubwürdiger ist bloß ein gemeinsamer Ausflug, bei dem die Umweltschützerin mit Denninger im SUV durch die Felder brettert. Dass die Geschichte trotzdem funktioniert, liegt natürlich auch an Kirdorfs Vorlage und Matsutanis Umsetzung, vor allem aber an Uwe Ochsenknecht und Anica Dobra, die schon in "Mein Schüler, seine Mutter & ich" hervorragend zusammengepasst haben. Gerade Ochsenknecht verkörpert den Wandel, den die Figur dank der Liebe durchläuft, ausgesprochen überzeugend. Allerdings ist Denninger, der sich in seinem Leben nur einmal einer Frau geschlagen geben musste (bei der Rallye Paris-Dakar), von Anfang an ein sympathischer Macho, auch wenn er seine hübsche Tochter (Julia-Maria Köhler) sträflich vernachlässigt und den Geburtstag seines Enkels vergisst. Ochsenknecht erweist sich auch diesmal wieder als großartiger Komödiant, der seine Figur traumwandlerisch sicher mit der perfekten Dosis Spielfreude umsetzt. Dobra darf dafür Dialoge deklamieren, die Screwball-Niveau haben.
Natürlich muss Kirdorf diverse Situationen konstruieren, damit sich das Paar auch auf einem Nebenschauplatz begegnet. Also bietet sich Denninger, den das schlechte Gewissen plagt, als Aushilfe in der Freiburger Espressobar seiner Tochter an, und wie der Zufall so spielt: Claire ist hier Stammkundin. Aber die Begegnung ist dank Kirdorfs Liebe zum Detail hübsch eingefädelt und inszeniert. Typisch für den Charme des Films und ein Sinnbild für Denningers späteren Sinneswandel: Er streut eine schokoladige Autosilhouette auf ihren Cappuccino, sie macht einen Schmetterling draus. Der Film verdankt seine Qualität ohnehin nicht zuletzt den vielen Kleinigkeiten, die für sich genommen nicht weiter wichtig sind, sich in der Summe aber als ungemein wirkungsvoll entpuppen. Geschickt ist auch die Dramaturgie der Handlung: Natürlich darf die Öffentlichkeit nichts von der Affäre erfahren, sonst sind beide ihren Job los. Höhepunkt des "Schlagabtauschs" ist eine gleichnamige TV-Talkshow. Der Stil des Vorspanns dieser Sendung, ein weiterer Beleg für die Sorgfalt auch im Nebensächlichen, weist sie als Format aus, das durchaus im dritten Programm des produzierenden SWR laufen könnte.
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Großen Anteil an der Komplexität des Films hat zudem das schlüssig besetzte Begleitpersonal: Andreas Hoppe, für den SWR sonst als Hauptkommissar in Ludwigshafen unterwegs, macht sich gut als knurriger Ökoaktivist, der für Claire durchs Feuer gehen würde, und Jürgen Tarrach passt prima als Denningers Manager, der als Mädchen für alles herhalten muss; zur Not auch als Kindermädchen.