Forscher präsentieren Meilenstein beim Klonen

Foto: dpa/OHSU
Forscher haben erstmals menschliche Zellen in embryonale Stammzellen umgewandelt.
Forscher präsentieren Meilenstein beim Klonen
Durchbrüche melden Wissenschaftler gern, aber diesmal horchen auch die Skeptiker auf: US-Forscher beschreiben in einem Fachblatt menschliche embryonale Stammzellen, die sie nach eigenen Angaben per Klontechnik hergestellt haben - und öffnen damit ein weiteres Tor.

US-Forscher haben nach eigenen Angaben erstmals per Klontechnik menschliche embryonale Stammzellen produziert. Sie nutzten dazu ein Verfahren, das auch zum Klonschaf Dolly führte, möchten aber ausdrücklich keine Klonmenschen herstellen. Die neuen Zellen könnten theoretisch jedoch in jede beliebige Art von Körperzellen transformiert werden - und so künftig einmal kranke oder verletzte Zellen ersetzen. Die Forscher der Oregon Health & Science University in Portland sprachen am Mittwoch von einem Durchbruch. Man sei der Heilung von Krankheiten wie Parkinson, Multipler Sklerose, Herzkrankheiten und von Verletzungen des Rückenmarks deutlich näher gerückt.

Für das reproduktive Klonen, also das Kopieren von Menschen, tauge die Methode nicht, betonen die Wissenschaftler - die vermutlich eine neue ethische Debatte ahnen. Obwohl es seit Jahren versucht werde, sei es zudem noch nicht einmal gelungen, einen Affen zu klonen.

Forscher auf der ganzen Welt scheiterten bislang

Das Verfahren klingt simpel, dennoch scheiterten in den vergangenen Jahren Forscherteams auf der ganzen Welt daran, es bei menschlichen Zellen anzuwenden: Die Wissenschaftler in Oregon hatten Zellkerne aus Hautzellen entnommen und einer Eizelle eingepflanzt, aus der die Erbinformation zuvor entfernt worden war. Aus der neuen Zelle entwickelte sich eine sogenannte Blastozyste, von der embryonale Stammzellen entnommen werden können.

Die Technik beschreiben sie detailliert im Fachblatt "Cell" (online). Die Eizelle musste für den Kerntransfer bei einem ganz bestimmten Entwicklungsstadium gestoppt werden, der sogenannten Metaphase. Zudem nutzten die Forscher während des Verfahrens eine koffeinhaltige Lösung.

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"Eine gründliche Untersuchung der durch diese Methoden gewonnenen Stammzellen hat ihre Fähigkeit, sich wie normale embryonale Stammzellen in viele andere Zellarten zu verwandeln, bestätigt", sagte Forschungsleiter Shoukhrat Mitalipov laut Mitteilung. Sie könnten Nerven-, Leber-, Herz- und andere Zellen ersetzen. "Darüber hinaus gibt es kaum die Gefahr, dass der Körper die mit seiner eigenen Erbinformation geschaffenen Zellen abstößt."

Nach dem Klonschaf Dolly, das 1997 der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde, hatte sich zum einen eine Euphorie in der Forscherszene breitgemacht. Zum anderen war aber immer wieder davor gewarnt worden, ethische Grenzen zu überschreiten und "Gott zu spielen".

Die "Süddeutsche Zeitung" bewertete die Veröffentlichung als "Durchbruch in der Stammzellenforschung". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zeigte sich skeptisch, wollte aber die vor gut zehn Jahren entfachte und dann wieder verebbte ethische Diskussion um das Klonen wieder angestoßen wissen.

Glück fordert weltweite Ächtung

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, forderte die weltweite Ächtung des reproduktiven Klonens. "Die jüngst veröffentlichten Forschungsergebnisse US-amerikanischer Wissenschaftler, denen es gelungen ist, menschliche Stammzellen zu klonen, verweisen auf die prinzipielle Möglichkeit, dass auch Menschen geklont werden können", erklärte Glück am Donnerstag in Bonn. Dadurch werde einmal mehr vor Augen geführt, "dass die biomedizinische Forschung einen allgemein anerkannten ethischen Rahmen braucht".

Glück warnte zudem, auch nach Auffassung renommierter Stammzellforscher würden mit der Veröffentlichung solcher Ergebnisse "medizinische Heilserwartungen geweckt, die in der Realität gar nicht einzulösen sind". Demgegenüber sei es möglich, ethisch unbedenkliche und zugleich medizinisch effektive Verfahren zur Heilung schwerer Krankheiten zu entwickeln, statt auf embryonale Stammzellen und therapeutisches Klonen zu setzen. Als Beispiel nannte Glück den Nobelpreis für Medizin 2012, mit dem Shinya Yamanaka und John Gurdon für die Forschung an adulten Stammzellen und deren Grundlegung ausgezeichnet wurden.

Jurist: Rechtliche Fragen ungeklärt

Für Christen sei jedes menschliche Leben in seiner Einzigartigkeit wertvoll, fügte er hinzu: "Jedem Menschen kommt individuelle Würde zu. Das menschliche Leben ist für uns von Beginn an unverfügbar." Diese Überzeugungen seien kein "christliches Sondergut", sondern würden unter anderem in Gestalt der universalen Menschenrechte allen Menschen Orientierung für ein Leben in Ehrfurcht und Respekt füreinander geben. Glück: "Die Würde des Menschen vom ersten Augenblick seiner Existenz an ist Maßstab und Grenze für alles menschliche Handeln - auch für Wissenschaft und Forschung."

Nach Ansicht des Juristen und Ethikers Jochen Taupitz wirft das Klon-Experiment eine Reihe rechtlicher und ethischer Fragen auf. Er sehe dabei nicht die Beschaffung von Eizellen als grundlegendes Problem an, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrats dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das größere Problem besteht in der Frage, wo die embryonalen Stammzellen herkommen, wenn solche Therapien in der Breite angewendet werden", sagte er und fügte hinzu: "Das ist natürlich noch Zukunftsmusik."

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Forscher betonten immer wieder, die Zelllinien könnten sich beliebig vermehren, sagte Taupitz. "Das wird aber sicher nicht den ganzen Bedarf abdecken", schätzt der Geschäftsführende Direktor des Instituts für Medizinrecht an den Universitäten Mannheim und Heidelberg. Man werde immer wieder Embryonen verbrauchen müssen. "Dann stellt sich die Frage, welchen Lebensschutz man den Embryonen in einem sehr frühen Stadium zubilligt", sagte Taupitz. Der Jurist betonte, dass die Experimente der US-amerikanischen Forscher in Deutschland nicht möglich seien. Klonversuche gehörten schon deshalb verboten, "weil es unzulässige Menschenversuche sind". Auch die Gewinnung embryonaler Stammzellen ist in Deutschland verboten. Forscher dürfen nur für bestimmte Zwecke Stammzellen importieren. Taupitz betonte, dass dadurch auch eine Therapie auf Grundlage der neuen Erkenntnisse in Deutschland nicht möglich wäre.