Vor fünf Jahren haben die Stuttgarter Kommissare Lannert und Bootz die Nachfolge ihres in Würde ergrauten, zuletzt aber auch recht behäbigen Vorgängers Bienzle angetreten. Der SWR wiederholt heute einen ihrer ersten Fälle.
Der Film beginnt wie ein Polizei-Thriller: Die Polizisten folgen einem Notruf, geben sich vorschriftsmäßig gegenseitig Deckung, entdecken die blutbesudelte Leiche einer schönen jungen Frau; aber als sie einen Moment nicht acht geben, fallen Schüsse, Bootz bricht zusammen. Sein Kollege schafft ihn aus der Schusslinie und jagt dann dem Täter hinterher, um bei seiner Rückkehr in die Wohnung festzustellen, dass die Leiche verschwunden ist. Auch wenn klar ist, dass der Krimi weder die Intensität noch das Tempo der ersten Minuten durchhalten kann: Der rasante Auftakt weckt große Erwartungen.
Keine Leiche, kein Mörder
Trotzdem kehrt nach der Einführung erst mal Ruhe ein. Kein Wunder: Lannert und Bootz (Richy Müller, Felix Klare) haben weder eine Leiche noch einen Mörder, und da die Tote eine Prostituierte war, wimmelt es am Tatort nur so von DNA-Material. Mieter der Penthouse-Wohnung ist ein Zuhälter, der sich zwar höchst kooperativ gibt, letztlich aber keine große Hilfe ist. Auch dafür gibt es Gründe, denn der Mann plant ein Edelbordell nahe der Musical-Meile, und dabei soll ihm der eifrigste Kunde des Opfers behilflich sein: Bertram Högele (Stephan Schad) kandidiert für den Landtag, ist selbstredend verheiratet und somit extrem erpressbar.
Neben der konsequent durchgehaltenen Undurchschaubarkeit (Buch: Stephan Brüggenthies) imponiert Thomas Freundners "Tatort" vor allem durch die jederzeit überzeugende Kombination aus Fall und Figuren. Wo andere Filme viel Gerede machen, genügen Freundner und Brüggenthies kleine Momente oder gar nur ein Szenenwechsel. Schön ist auch das wortlose Einverständnis zwischen den beiden Partnern, ganz zu schweigen von den kleinen Geschichten am Rande, etwa einer unausgesprochenen Romanze zwischen der kroatischstämmigen Kriminaltechnikerin Nik Banovic (Miranda Leonhardt) und dem Bruder (Fjodor Olev) der gleichfalls aus Kroatien stammenden Toten.
###autor###
Vor allem aber ist "Das Mädchen Galina" ein ausgezeichneter Krimi, der beinahe hingebungsvoll den Landespolitiker als Täterpopanz aufbaut, obwohl der Hinweis auf den Mörder von Anfang an wie ein Duft des Todes in der Luft liegt. Stuttgart, auch das ist neu, wird dank der Ausflüge ins Rotlichtmilieu ein bisschen als "Hamburg des Südens" inszeniert; eine zweifelhafte Ehre zwar, aber immerhin unbestreitbar ein Großstadtattribut. Ein wunderbar selbstironischer Einfall ist schließlich Lannerts Besuch bei seiner studierenden Nachbarin: Sie muss eine Hausarbeit über Gewalt im Fernsehen schreiben. Kopfschüttelnd schaut sich der Kommissar an, was die TV-Kollegen so treiben. Man kann dem SWR auch nach fünf Jahren gar nicht oft genug dazu gratulieren, dass er den fabelhaften Richy Müller für die "Tatort"- Rolle gewinnen konnte.