Die in wechselnder Verantwortung von WDR und SWR produzierte Reihe "Bloch" ist nie mit einem der wichtigen Fernsehpreise ausgezeichnet worden, obwohl einige der Episoden herausragend waren. Trotzdem hat sie ihren Platz in der Fernsehgeschichte. Dieter Pfaff hat die Figur des Psychotherapeuten Maximilian Bloch vor gut zehn Jahren gemeinsam mit Peter Märthesheimer und Pea Fröhlich entwickelt. Die Reihe hat den Tod von Märthesheimer 2004 scheinbar mühelos verkraftet; seine Nachfolger haben dem Autor mit ihren nahezu kongenialen Drehbüchern lauter filmische Denkmäler gesetzt. Das gilt erst recht für den Anfang März verstorbenen Pfaff, der mit Bloch eine der gleichermaßen wuchtigsten und sensibelsten Figuren der jüngeren deutschen Fernsehgeschichte geschaffen hat. Der letzte Film, "Die Lavendelkönigin", mag nicht zu den stärksten der insgesamt 24 Episoden zählen, doch er lebt naturgemäß auch von der Wehmut, mit der man der Handlung folgt. Außerdem konfrontieren Ingo Haeb und Martin Rosefeldt die Titelfigur in ihrem ersten "Bloch"-Drehbuch mit einer völlig neuen Situation: Nach der Anzeige einer Patientin (Anna Maria Mühe), die ihn bezichtigt, sie sexuell belästigt zu haben, landet der Psychologe im Gefängnis.
Bloch wird als "Sex-Therapeuten" diffamiert
Trotzdem hat die immerhin von Michael Verhoeven inszenierte Folge nicht ganz die Kraft des vor wenigen Wochen ausgestrahlten Films "Das Labyrinth"; dank der vortrefflichen Gastschauspieler Birgit Minichmayr und Devid Striesow konnte es sich Dror Zahavi leisten, die Geschichte eines gewalttätigen Paares überwiegend als Kammerspiel umzusetzen. Andererseits verleihen die besonderen Umstände dem Film natürlich einen gewissen Reiz, auch wenn sich Haeb und Rosefeldt einiger Klischees bedienen. Weil das örtliche Boulevardblatt ihn auf der Titelseite mit minimal verfremdetem Foto als "Sex-Therapeuten" diffamiert, wird Bloch beim Hofgang von den Mithäftlingen attackiert. Taxifahrer lassen ihn auf der Straße stehen, und selbst in der Straßenbahn fühlt er sich verfolgt, weil ein Passagier die Zeitung liest (mittlerweile ist es allerdings die vom Vortag), und jemand hat "Drecksau" an sein Garagentor gepinselt.
Vermutlich wird man als angesehener Therapeut, der sich prompt wie eine Figur von Franz Kafka fühlt, nicht umgehend eingesperrt, wenn Aussage gegen Aussage steht. Und schließlich weiß selbstredend auch der Therapeutenverband, dass Patientinnen den Analytiker als Projektionsfläche für erlittenes Unheil benutzen. Gerade darin besteht der Kern der Handlung: Studentin Stefanie (Mühe) hat während einer Hypnosesitzung die Reaktivierung eines in der Kindheit erlittenen Traumas erlebt. Als Bloch sie berührt, um ihr beizustehen, projiziert sie das Erlebnis auf ihn; "unterbewusst", wie Bloch erklärt, was einem Psychologen, der was auf sich hält, eher nicht unterlaufen würde (er meint natürlich unbewusst). Wie in vielen "Bloch"-Filmen muss der Therapeut kriminalistisch tätig zu werden, um der Frau und diesmal auch sich selbst zu helfen; und dazu, auch das gab’s schon öfter, braucht er die Unterstützung eines engen Angehörigen von Stefanie.
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Während Anna Maria Mühe die Patientin facettenreich verkörpert und dank ihrer sparsamen, aber dennoch ausdrucksstarken Mimik gerade Stefanies Angst vor dem schwarzen Loch in ihrer Biografie sehr glaubwürdig spielt, stuft man den Vater (Michael Greiling) und den mit der Familie befreundeten Anwalt (Michael Wittenborn) automatisch als Gegenspieler ein; und das nicht nur, weil sie Bloch ins Gefängnis gebracht haben. Unterm Strich aber fallen alle Einwände kaum ins Gewicht, zumal man den von Verhoeven sehr behutsam und zurückhaltend inszenierten Film ohnehin mit einer gewissen Trauer verfolgt. Außerdem ist selbst ein durchschnittlich guter "Bloch" immer noch ein überdurchschnittlich guter Fernsehfilm.