In den falschen Händen hätte diese Geschichte ein schwerfälliges, didaktisches Plädoyer gegen Klischees werden können. Regisseur Samir Nasr aber hat einen Film daraus gemacht, der sein Publikum mit der Nase auf die eigenen Vorurteile stößt; bis man sie am Ende beschämt hinterfragt.
Ausgangspunkt des Drehbuches von Florian Hanig ist der vielleicht etwas fahrlässig geäußerte Verdacht des BKA, der Algerier Tariq (Mehdi Nebbou) könne in die Anschläge vom 11. September 2001 verwickelt sein. Einziger Anhaltspunkt: Er ist auf einem Videofilm zu sehen, der bei der Hochzeit eines der Drahtzieher gedreht wurde. Doch weil die Beamten Tariqs berufliches und privates Umfeld durchleuchten, bleibt natürlich etwas an ihm hängen. Als in dem Labor, in dem er arbeitet, hochgiftige Ebola-Viren verschwinden, fällt der Verdacht prompt auf ihn. Trotz der Fürsprache seines Chefs (Jürgen Hentsch wie so oft in der Rolle des väterlichen Freundes) wird ihm der weitere Zutritt zum Labor verweigert.
Erschüttertes Vertrauen
Im Zentrum der Handlung aber steht Tariqs Ehe. Nasr und Hanig stellen das Paar als fröhliche Verliebte vor, in deren Leben Tariqs Religion allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. Der Algerier ist perfekt integriert, seine hübsche Frau Maya (Silke Bodenbender) arbeitet selbst erfolgreich als Grafikerin bei einer Zeitschrift; eine Bilderbuchehe mit Kind. Durch das Gespräch mit dem bulligen BKA-Beamten (Bernd Stegemann) sensibilisiert, fallen Maya jedoch immer mehr Ungereimtheiten auf. Sicher, Tariq war auf Einladung des örtlichen Imams bei der Hochzeit, er kannte den Bräutigam gar nicht; aber warum hat er nichts davon erzählt? Befremdet ist Maya auch über die fundamentalistischen Ansichten von Tariqs Freund Reza, die dieser widerspruchslos hinnimmt. Wirft all dies jedoch nur den Schatten eines Zweifels auf die Ehe, so wird Mayas Vertrauen erheblich erschüttert, als es zu einem Anschlag in Paris kommt. Im Abfall findet sie ein Flugticket ihres Mannes: für just diesen Tag.
Schon mehrere Filme haben sich diese Themas angenommen und beschrieben, wie eminent politisch das vermeintlich Private werden kann. "Grüße aus Kaschmir" von Miguel Alexandre zum Beispiel zeigte gewissermaßen die andere Seite: Hier wandelte sich ein Mann tatsächlich zum (potenziellen) Terroristen. Nasr aber verzichtet auf alle Thriller-Elemente; "Folgeschäden" ist ein gerade in den Details und in der Bildgestaltung (Kamera: Bernhard Jasper) sorgfältig inszeniertes reines Beziehungsdrama.
Für Nasr war dies nach diversen Dokumentationen für den SWR ("Nachttanke", "Auf Streife durchs Leben", "leben 16") der erste fiktionale Film. Dass er dabei auf all jenen inszenatorischen Übermut verzichtet hat, der Debüts gern auszeichnet, ist dabei völlig angebracht; bei diesem Thema wäre alles andere eher deplaziert gewesen.