Kleine Ursache, große Wirkung: Weil das Prickeln nach 14 Ehejahren etwas auf der Strecke geblieben ist, lässt sich die bayerische Biobäuerin Helena (Julia Koschitz) auf eine ebenso leidenschaftliche wie verhängnisvolle Affäre mit einem Studenten (Vladimir Burlakov) ein. Gatte Thomas (Marcus Mittermeier) kommt ihr auf die Schliche und stellt den Nebenbuhler zur Rede. Als der junge Mann eine freche Antwort zu viel gibt, erschlägt er ihn.
Aus der Bahn des Alltags geworfen
Ein typischer Krimistoff, sollte man meinen, aber Regisseur Johannes Fabrick erzählt Geschichten wie diese grundsätzlich als Drama. Selbst wenn es in seinen Filmen (zuletzt "Tödlicher Rausch") immer wieder auch um Mord und Totschlag geht: Im Vordergrund steht stets die Frage, wie Menschen auf ein Ereignis reagieren, dass sie aus der Bahn des Alltags wirft. Exemplarisch dafür ist das sensible Suiziddrama "Der letzte schöne Tag", für das Fabrick kürzlich mit dem Grimme-Preis geehrt worden ist. Der Regisseur, hieß es, drehe Filme, "mit denen man eine Wertediskussion eröffnen kann, schafft es aber, die jeweiligen Konflikte ohne erhobenen Zeigefinger zu visualisieren." Das ist hier nicht anders: Keinen Moment lang denunziert der Film die weibliche Hauptfigur als Schuldige. Allerdings entschuldigt er sie auch nicht; Helena ist, wenn man so will, genauso ein Opfer des Affekts geworden wie später ihr Mann. Der allerdings wird von Schuldgefühlen zerfressen, versteckt die Leiche nur halbherzig und will sich der Polizei stellen. Helena versucht, das familiäre Glück zu retten, entsorgt den Toten und hofft, dass Gras über die Sache wächst, was sich selbstredend als frommer Wunsch erweist (das Drehbuch stammt wie schon bei Fabricks Filmen "Die Tochter des Mörders" und "Tödlicher Rausch" von Claudia Kaufmann).
Auch den ernüchternden Schluss inszeniert der Regisseur mit der für ihn typischen Sachlichkeit, die man nicht mit Distanz oder gar Gleichgültigkeit verwechseln darf: Die Figuren und ihre Erlebnisse gehen einem im Gegenteil sehr nahe, was naturgemäß auch mit der ausgezeichneten Leistung der beiden Hauptdarsteller zu tun hat. Während Julia Koschitz die biologisch-dynamische Helena unter anderem mit einer frugalen Erotik versieht, lässt Mittermeier den Ehemann nach der Tat sehr glaubwürdig am Rande des Nervenzusammenbruchs balancieren.
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Aber auch in praktischer Hinsicht verhehlt der Film nicht, wie viel Arbeit so ein Mord macht: Quälend lang schaut die Kamera (Helmut Pirnat) dabei zu, wie sich die zierliche Helena mit dem kompakten Leichnam abmüht. Die Bildgestaltung ist ohnehin ausgesprochen sorgfältig. Gerade am Badesee gelingen Pirnat immer wieder wunderschöne Bilder. Einmal fotografiert er den See derart geschickt, dass es so aussieht, als würde Thomas nicht ins Wasser, sondern in die Wolken springen; ein schmerzlich schönes Bild, denn da ist seine vormals heile Welt längst kaputt.