Kriminalistische Themen in Büchern mit religiösen zu verbinden, findet Venske nicht ungewöhnlich: "Brudermord, Kreuzigung - in der Bibel findet man durchaus brutale Geschichten", sagt sie. Ihren ersten Krimi schrieb Venske 1991 ("Schief gewickelt"). Seitdem hat sie etwa ein Dutzend Kriminalromane und diverse Kurzgeschichten veröffentlicht, ebenso wie sechs Kinderbücher.
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Die Kombination von Krimi und Kirche taucht immer wieder auf: in Essays, Geschichten und auch dem Erzählband "Du sollst nicht töten". Dafür bat sie internationale Krimi-Kollegen um Beiträge, der Band versammelt originelle und witzige Kriminalgeschichten aus jüdischer, christlicher, muslimischer und buddhistischer Perspektive.
Kirche spielte schon immer eine bedeutende Rolle im Alltag der heute 58-Jährigen, die als evangelisches Kind im katholischen Münster aufwuchs. "Die Umgebung prägt einen natürlich, ob man will oder nicht", sagt sie. "Ich hatte als Kind auch mal eine kurze katholische Phase." Der Glaube blieb präsent: Konfirmation, Jugendgottesdienst, ein kirchliches Studentenwohnheim. Und ein Ehemann, der aus einer Pfarrersfamilie kam und Theologie studierte.
"Da habe ich gemerkt, dass mir meine Religion fehlt"
Doch mit 30 Jahren trat Venkse aus der Kirche aus. "Wenn man jung ist, muss man sich abgrenzen, um seine Identität zu formen", sagt sie. Zurückgefunden habe sie durch den persönlichen Kontakt mit dem Hamburger Pastor Friedrich Brandi. Und durch ihre Freundschaft mit der amerikanischen Krimiautorin Faye Kellerman: Venske begleitete die orthodoxe Jüdin mehrfach auf Lesereise durch Deutschland. "Irgendwann sagte Faye mal voller Begeisterung: Ich mag meine Religion einfach wahnsinnig doll!" Das habe ihr einen Stich versetzt. "Ich war neidisch auf sie - da habe ich gemerkt, dass mir meine Religion fehlt."
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In Hamburg lebt Regula Venske seit Mitte der 70er Jahre. Vom kirchlichen Studentenwohnheim in Heidelberg nach Hamburg-Ottensen zu ziehen, sei "wie eine Befreiung gewesen", sagt sie. Im Kreis der Heidelberger Theologie-Studenten sei damals alles "sehr intolerant und piefig" gewesen. Ottensen dagegen war schon immer eher ein alternatives Pflaster. Heute lebt sie in Winterhunde, blickt von ihrer Wohnung auf die ehemalige Schule ihrer Kinder und hört die Kirchturmglocken durchs Küchenfenster. "Da fühle ich mich wohl, das hat so was Vertrautes."
Der große Bruder sitzt im Publikum
Der Kirchentagskrimi über die Pastorin Eva Tauber, eine Leiche auf den Alsterwiesen und einen reichlich unmoralischen Seelsorger entstand 2012. Der Bezug zum Kirchentag war kein Problem, weil Venske schon auf mehreren aktiv war - als Gastgeberin beim Hamburger Kirchentag 1981 und als Podiumsgast in Hannover 2005.
Wenn die Autorin am 2. Mai auf dem Kirchentag aus "Der zweite Stein" liest, sitzt vielleicht auch ihr Bruder Henning Venske im Publikum. Der Kabarettist und Schauspieler ist 16 Jahre älter als sie und habe ihr als "großer Bruder" gezeigt, "dass man nicht unbedingt einen bürgerlichen Beruf ergreifen muss" und ihr einen unkonventionellen, kreativen Lebensweg vorgelebt. Heute begegnen sie sich auf Augenhöhe und sind einander wertvolle Kritiker.