Wer wissen will, wie beispielsweise der Playboy und Millionenerbe Gunter Sachs sein Geld in Steueroasen versteckte, muss nur die "Süddeutsche Zeitung" vom Donnerstag lesen. Ein internationales Netzwerk von Journalisten hat in gemeinsamer monatelanger Recherche Datenmengen aus insgesamt zehn Steueroasen ausgewertet - und somit zweifelhafte Geschäfte Vermögender aufgedeckt. Die Unterlagen waren anonym an das Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington geschickt und anschließend an einen ausgewählten Kreis internationaler Medien übergeben worden.
Die Auswertungen werden seit diesem Donnerstag veröffentlicht. Der Direktor des Konsortiums, Gerard Ryle, bezeichnet die Kooperation als "historisch einzigartig" und "eine der größten grenzübergreifenden Investigativ-Recherchen in der Geschichte des Journalismus". Spezielle Computerprogramme ermöglichten es den Teilnehmern, Ergebnisse sicher zu übermitteln und auszutauschen. Allerdings sei die Gefahr groß gewesen, von Hackern ausgespäht zu werden. Die Vertraulichkeit der Daten habe an erster Stelle gestanden, versichert Ryle.
Rund 2,5 Millionen Dokumente
Die zugespielten Dokumente stammen von zwei Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert sind - Gesellschaften an Standorten, die niedrige Steuern, wenig Finanzmarktregulierung und hohe Geheimhaltung bieten. Von den Servern dieser Firmen hatten Unbekannte die Daten abgeschöpft.
Rund 2,5 Millionen Dokumente mit einem Datenvolumen von 260 Gigabyte standen den Journalisten zur Verfügung. 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern werden in den Unterlagen aufgelistet - darunter Mitarbeiter der beiden Firmen, ihre Kontaktpersonen und ihre Klienten. Die Datenmenge ist damit mehr als 160 Mal so groß wie bei den geheimen Botschaftsdokumenten, die 2010 und 2011 von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden.
In Deutschland haben die "Süddeutsche Zeitung" und der NDR die Informationen ausgewertet und veröffentlicht. Die BBC, der "Guardian", "Le Monde", die "Washington Post" oder die Schweizer "Sonntagszeitung" sind ebenfalls Teil des Netzwerks. Insgesamt sind 86 Journalisten von 38 Zeitungen sowie Hörfunk- und Fernsehstationen aus 46 Ländern am Netzwerk mit dem Projektnamen "Offshore Leaks" beteiligt. Zum Auswahlverfahren will sich das Konsortium bisher nicht äußern.
###mehr-links###
Für den NDR-Journalisten Sebastian Mondial war das größte Problem, die Masse an Informationen zu bearbeiten. "Die reine Lebenszeit der beteiligten Journalisten würde nicht ausreichen, jedes Dokument einzeln zu lesen und vernünftig einzuordnen und zu sichten", erklärt Mondial im Hörfunksender NDR Info. Eine spezielle forensische Software habe es ermöglicht, die Daten durchsuchbar zu machen und in den Kontext zu bringen. "Zu verstehen, wer mit wem kommuniziert, zu welchem Thema und welche Ergebnisse dann dabei herauskommen, wäre aufgrund der Beschaffenheit dieser Daten ohne diese Software unmöglich gewesen."
In Zeiten von Kostendruck in den Redaktionen und bei immer komplexer werdenden Themen arbeiten Journalisten zunehmend bei der Auswertung von Daten zusammen. "Die Kollegen profitieren gegenseitig von ihrer Expertise", sagte Günter Bartsch, Geschäftsführer des Netzwerks Recherche, dem epd. Der Konkurrenzdruck halte sich dabei in Grenzen. Es gehe darum, ein Thema möglichst vollständig zu erfassen. Der sogenannte Scoop gelinge oft in der regionalen Auswertung. Beispiele dafür seien die Auswertung der Akten zu den NSU-Verbrechen oder der jährlich veröffentlichten Daten zu EU-Agrarsubventionen.