Sie werden Guantanamo verlassen - "lebend oder im Sarg"

Wachturm am Lager Guantanamo
Foto: dpa/John Riley
Guantanamo ist streng bewacht.
Sie werden Guantanamo verlassen - "lebend oder im Sarg"
Seit Anfang Februar sollen vereinzelte Gefangene im Lager Guantanamo auf Kuba in einen Hungerstreik getreten sein. Das US-Militär, das für das Lager zuständig ist, bestritt dies. Aber seit zwei Wochen tauchen in den Massenmedien immer wieder Nachrichten von Hungerprotest auf, der viel weiter zu reichen scheint.

Selbst das US-Militär räumt inzwischen ein, dass sich der Hungerstreik in den vergangenen zwei Wochen ausgeweitet hat. Die Zahl der hungerstreikenden Gefangenenhabe sich verdoppelt, hieß es am Montag aus Pentagonkreisen. 39 Männer würden die Nahrungsaufnahme gänzlich verweigern. Das sind zwei mehr als am Freitag und das Doppelte dessen, was das US-Militär vor zwei Wochen zugab.

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Falls die Pentagon-Angaben zutreffen, befindet sich damit ein Viertel der 166 Guantanamo-Gefangenen im Hungerstreik. US-Anwälte, die die Insassen entweder besuchen oder mit ihnen telefonieren, geben weitaus höhere Zahlen an. Ihren Angaben zufolge befindet sich fast das gesamte "Camp 6", in dem sich bis vor kurzem 130 Insassen aufhielten, im Hungerstreik. Das wäre die übergroße Mehrheit aller Guantanamo-Gefangenen. 

Anlass für den Beginn des Hungerstreiks Anfang Februar war laut einigen Anwälten  eine Entscheidung der Militärführung des Lagers, die Korane auf "verdächtige Inhalte" zu durchsuchen. Der Anwalt David Remes bestätigte das in der "Washington Post". Tatsächlich habe es sich anfangs um einen religiös motivierten Protest gehandelt. Aber der habe sich ausgedehnt. Inzwischen gehe es den gefangenen Männern darum, endlich freigelassen zu werden. "Diese Männer, darunter einige meiner Klienten, sagen ganz offen, dass sie Guantanamo demnächst verlassen würden – lebend oder in einem Sarg".

Präsident Obama sagt nichts

Die Beweggründe sind dem US-Militär, dem Weißen Haus und den Politikern im Kongress durchaus bekannt. General John Kelly, der Leiter des U.S. Southern Command, sagte beispielsweise gegenüber dem Streitkräfteausschuss vor einer Woche, die Häftlinge hätten "darauf gehofft, das Guantanamo geschlossen wird". Sie seien "am Boden zerstört"  gewesen, als Obama davon Abstand nahm.

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Tatsächlich sagte Barack Obama weder bei seiner Amtseinführung noch kurz darauf in seiner Rede an die Nation etwas über Guantanamo. Die Washingtoner Stelle, die die Schließung von Guantanamo ursprünglich einfädeln sollte, war umgehend vom Kongress trockengelegt worden. Die Obama-Regierung befürchtet von einer neuen Initiative zur Schließung offenbar nur politische Unannehmlichkeiten. Deshalb wird der illegale Status Quo aufrechterhalten.    

Laut den Pentagon-Angaben vom Montag werden elf Gefangene zwangsernährt. Diese Maßnahme  setzt das gewaltsame Festzurren des betroffenen Häftlings voraus. Danach wird ein Schlauch solange in ein Nasenloch eingeführt, bis er im Magen angekommen ist und Flüssignahrung eingepumpt werden kann – alles gegen den Willen des Hungerstreikenden. Das Militär bezeichnet diese Methode als lebensrettende Maßnahme. Tatsächlich soll sie aber dazu dienen, den Willen des Hungerstreikenden zu brechen, etwa durch das Rütteln des Einfuhrschlauchs vor dem Magentrakt, was extreme Schmerzen verursacht.

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Weitere "gesetzliche" Versuche, den Hungerstreik zu brechen, sind etwa die Verweigerung von Wasser oder die extreme Abkühlung der Aufenthaltsräume mit der Klimaanlage. Das Kalkül des Militärs: den kaum zu ertragenden Alltag der Häftlinge noch unerträglicher zu machen, um wieder Herr der Lage zu werden.

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Das Gefangenenlager auf Kuba gibt es seit 2002. Von den 166 dort gefangenen Männern gelten weniger als 20 als "Sicherheitsrisiko" für die USA. Bei der übergroßen Mehrzahl handelt es sich um Menschen, die in Afghanistan den USA-Militärs als "Terroristen" verkauft wurden. Viele waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.

86 Gefangene sollten auf eine Empfehlung der USA-Regierung hin bereits vor drei Jahren freigelassen werden. Obama ordnete vor zwei Jahren mit einer Präsidentialverfügung an, dass Gefangene ihre Freilassung beantragen könnten. Aber auf bürokratischer Ebene ist nichts dergleichen erfolgt.