Auch mit Anfang achtzig ist Mario Adorf nach wie vor eine blendende Erscheinung. Deshalb ist es absolut glaubwürdig, dass Richard, erfolgreicher und wohlhabender Schriftsteller im Ruhestand, einen zweiten oder gar dritten Frühling erlebt, als die hübsche Judith (Alwara Höfels) vor seinem Grundstück strandet. Genau genommen hätte sie ihn im morgendlichen Nebel fast überfahren; die alleinerziehende Mutter ist wieder mal auf der Flucht vor einem Mann. Weil Richard, eigentlich eingefleischter Einsiedler, dessen einzige Liebe ein Jaguar-Cabrio aus den späten Fünfzigern ist, eine fast vergessene Sehnsucht überkommt, bietet er der jungen Frau ganz gegen sein Naturell an, bei ihm zu wohnen, bis ihr Auto repariert ist.
Eine fixe Idee
Karl-Heinz Käfer hat sich in seinen Drehbüchern immer wieder als sensibler Menschenbeobachter erwiesen; gerade seine Geschichten über Männer, die aus unterschiedlichsten Gründen aus der Bahn geworfen werden (von "Mein Vater" über "Nacht ohne Morgen" bis zuletzt zu "Jahr des Drachen") waren auch dank der Hauptdarsteller Klaus J. Behrendt und Götz George feinfühlige fesselnde Studien. Gemessen an den existenziellen Herausforderungen, mit denen frühere Figuren Käfers konfrontiert waren, scheint die Konstellation in "Krokodil" zunächst eher harmloser Natur zu sein, zumal die Handlung in ihren Grundzügen recht überschaubar ist. Käfer hat hier erstmals eine literarische Vorlage adaptiert, sein Drehbuch beruht auf einer Kurzgeschichte von Philippe Djian.
Trotzdem lässt sich in der Verkörperung durch Mario Adorf sehr schön nachvollziehen, wie sich Richard immer mehr in die fixe Idee verrennt, seinen Lebensabend mit Judith und ihrem kleinen Sohn zu verbringen. Er demoliert sogar ihr Telefon, das er am Unfallort findet, damit ihr Ex-Freund sie nicht anrufen kann. Trotzdem kommt sein Gast offenbar nicht von der letzten Liebschaft los. Kurzerhand arrangiert Richard ein Treffen mit dem Mann (David Rott), dem er sogar Geld bietet, wenn er Judith gehen lässt. In seinen Tagträumen entledigt sich Richard des Problems auf ungleich drastischere Weise. Am Ende allerdings lässt er den Visionen Taten folgen.
Für Regisseur Urs Egger ist "Krokodil" ein ungewöhnlicher Stoff; der Schweizer hat in den letzten Jahren optisch ungleich aufwändiger gestaltete Thriller wie "Kennedys Hirn", "Restrisiko" oder "Wolfsfährte" gedreht. Hier konzentriert er sich ganz auf seine drei Hauptdarsteller; gerade die Szenen mit Adorf und dem kleinen Jungen (Daan Lennard Liebrenz) wirken sehr glaubwürdig und sympathisch. Weitere wichtige Rollen spielen Michael Mendl als Richards Arzt und einzigem Freund, der über die Störung der gemeinsamen Angelrituale gar nicht begeistert ist, sowie Dagmar Manzel als ruppige Haushälterin.
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Zunächst freut sich die Frau noch darüber, dass Judith "frische Luft in die Gruft" bringt. Falls sie später Mitleid für ihren Arbeitgeber empfindet, als der sich zum Narren macht, so weiß sie das zumindest gut zu verbergen. Eine schön gespielte, mit leichter Hand erzählte Romanze, die aus Sicht der Hauptfigur bloß den Nachteil hat, dass sie ausgesprochen einseitig ausfällt.