Die Antwort von Alix Girod de l’Ain ist sicher kein Patentrezept, aber wenigstens ein Denkanstoß: Ihr Roman „Auf der anderen Seite des Bettes“ propagiert eine vielleicht nicht in allen Ehen durchführbare, aber recht ungewöhnliche Idee.
Rollen klar verteilt
In der Beziehung von Ariane und Hugo sind die Rollen klar verteilt: Sie schmeißt den Haushalt, kümmert sich um die Erziehung der Kinder und beaufsichtigt die Renovierung des Hauses, er schafft das Geld ran. Und weil sein Job natürlich knochenhart ist, während sie fröhlich in den Tag hineinleben darf, platzt Ariane eines Tages der Kragen, als Hugo wieder mal meckert. Erst verpasst sie ihm eine knallharte Rechte, dann zählt sie ihm seine Fehler auf; an Kindergeburtstagen beispielsweise nimmt der Gatte nur teil, wenn sie zufällig auf einen Sonntag fallen.
Mit ihrem Plädoyer in eigener Sache dürfte Ariane vielen Frauen (und den wenigen Hausmännern) aus der Seele sprechen: Sie fühlt sich wie eine Geheimagentin, die „in unscheinbarer Mission“ im Verborgenen arbeitet. Hugo gelobt Besserung, vergisst beim ersten Einsatz als Vater allerdings, seine Tochter beim Arzt abzuholen und lässt sie dann auf dem Bürgersteig stehen, während er in seinem schicken Auto davonbraust. Nun reicht es Ariane endgültig. Sie stellt ihn vor die Wahl: Trennung oder Rollentausch; und jetzt geht die Geschichte erst richtig los.
Die männliche Skepsis
Dass Pascale Pouzadoux’ Romanverfilmung zu den erfolgreichsten französischen Filmen des letzten Jahres gehörte, hat niemanden überrascht: Mit Hauptdarstellerin Sophie Marceau und dem populären TV-Komiker Dany Boon, spätestens dank des Kinohits "Willkommen bei den Sch’tis" ohnehin der neue Superstar, konnte eigentlich gar nichts schief gehen. Die Frage war bloß, ob die völlig unrealistische Geschichte auch als Film funktionieren würde, schließlich ist Hugo Chef einer Firma, die Baumaschinen verleiht; entsprechend skeptisch reagieren seine (selbstredend männlichen) Mitarbeiter auf den Wechsel in der Chefetage.
Dank Marceau ist das allerdings alsbald kein Thema mehr: Inklusive maskuliner Ess- und Sexgewohnheiten schlüpft Ariane so nahtlos in die Männerrolle, als habe sie nie etwas anderes gemacht. Hugo braucht etwas mehr Zeit, um seine femininen Seiten zu entdecken, aber dank des Elans und vor allem der neuen Perspektiven, mit der beide ihre ungewohnten Aufgaben angehen, stellt sich schließlich heraus, dass der Rollentausch für alle von Vorteil ist. Aber dann scheitert das Experiment doch noch: Ariane stellt fest, dass sie ihre Kinder völlig aus den Augen verloren hat.
Es sind vor allem die Details, denen die mitunter fast surreale Geschichte ihre Glaubwürdigkeit verdankt, die kleinen Einfälle, mit denen Pousadouz die Handlung immer wieder mit der Wirklichkeit verbindet; etwa die Tüten mit Schokobären, die Hugo nach der Haushaltsübernahme an den unmöglichsten Stellen findet und von denen er später frustriert selber nascht; oder die Hochstapeleien, mit denen man als Chef auf unbequeme Fragen der Mitarbeiter reagiert („... werde ich Sie zu gegebener Zeit wissen lassen“). Eine ganz und gar skurrile Figur ist allerdings der zwar offenbar begnadete, aber extrem arbeitsscheue Handwerker, der das bonbonbunte Eigenheim des Ehepaares im Schneckentempo renoviert. Unwiderstehlich und eine höchst gelungene Weiterentwicklung des Romans ist hingegen Arianes Geistesblitz zur Umsatzsteigerung: Dank der Idee, die Baugeräte in Verbindung mit männlichen Models zu vermieten, erschließt sie der Firma eine völlig neue Zielgruppe.
Hin und wieder bricht in Boon, der über weite Strecken angenehm zurückhaltend spielt, doch der Komiker durch; dann verwaltet er ein bisschen zu eifrig den Nachlass des unkopierbaren Louis de Funès. Aber das Finale gehört ohnehin Sophie Marceau, weil Ariane eine höchst ungewöhnliche Methode wählt, um Hugo öffentlich ihre Liebe zu beweisen.