Es ist schon beeindruckend, wie es der Reihe "Wilsberg" und ihren Autoren immer wieder gelingt, den bewährten Mustern neue Facetten abzugewinnen. Lässt man den Auftaktfilm mit Joachim Król (1995) mal beiseite, hat sich an den grundsätzlichen Parametern seit 15 Jahren nichts geändert. Im Grunde haben die Figuren auch nur rudimentäre Entwicklungen durchgemacht. Trotzdem sorgt jeder Film für Überraschungen.
Großen Anteil am Erfolgsgeheimnis hat neben der Sorgfalt, mit der die Drehbücher gestaltet werden, die handwerkliche Umsetzung. Inszenierung, Bildgestaltung, Schnitt und Musik bewegen sich durchweg auf hohem Fernsehfilmniveau. "Treuetest" ist zudem ein ausgezeichnetes Beispiel für die perfekte Balance zwischen Krimi und Komödie. Ein unverzichtbares Stilmittel der Reihe ist das retardierende Moment, etwa beim Bangen mit der Hauptfigur, wenn sich Privatdetektiv Wilsberg (Leonard Lansink) wieder mal unerlaubt irgendwo Zutritt verschafft hat und man als Zuschauer dank der spannungssteigernden Parallelmontage weiß, dass er im nächsten Moment erwischt wird. Wunderbar ist beispielsweise die Idee, mit der das Finale eingeleitet wird: Wilsberg blättert in Fotos, so dass die Bildfolge ein Daumenkino ergibt, das die Identität des Täters offenbart; und der steht schon vor der Tür. Auch das Wechselspiel aus einerseits angekündigten, aber hinausgezögerten und andererseits überraschenden Gags beherrschen Buch (Arne Nolting, Jan Martin Scharf) und Regie (Dominic Müller) geradezu vorbildlich.
Ekkis eifersüchtige Freundin
Aber das Beste sind die originellen Geschichten. Nach der Ermordung der hübschen Charlotte (Nele Kiper), die sich ihren Lebensunterhalt als Treuetesterin verdiente, stößt Wilsberg auf eine Gruppe geschiedener Männer (unter anderem Max Hopp und Felix Vörtler), die dem Lockvogel nicht widerstehen konnten; prompt reichten ihre Frauen die Scheidung ein. Kein Wunder, dass die Herren nicht sonderlich gut auf das Opfer zu sprechen waren. Außerdem stellt sich raus, dass Charlottes attraktive Partnerin Yasmin (Xenia Assenza) die Männer erpresst hat. Wilsbergs Auftraggeber ist diesmal Kumpel Ekki (Oliver Korittke): Seine neue Freundin (Nadja Becker) ist krankhaft eifersüchtig; Ekki war Charlottes letzter Kunde.
Parallel zu den Ermittlungen darf Overbeck (Roland Jankowsky) endlich seine Neigungen ausleben und als "under cover"-Ermittler agieren. Unter der Leitung von Kommissar Greinert (Wilfried Hochholdinger) soll ein Schutzgelderpresser überführt werden. Irgendwann scheint dieser Erzählstrang zu versanden, aber "Wilsberg"-Freunde wissen, dass es in den Krimis aus Münster keine Zufälle gibt. Ohnehin beeindrucken die Drehbücher regelmäßig durch ihre Kunstfertigkeit, was die Verknüpfung von Handlungsebenen angeht: Alles hängt miteinander zusammen. Wenn also gleich zu Beginn Anwältin Alex (Ina Paule Klink) mit einem Kollegen (Roman Knižka) anbändelt, kann man davon ausgehen, dass der ebenfalls Dreck am Stecken hat, zumal er Scheidungsanwalt ist.
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Gut wie immer sind auch die Darsteller. Lansink mit seinem schiefen Grinsen und Korittke mit seiner Leidensmiene können mimisch ganze Dialoge ersetzen, was beinahe schade ist, weil die Dialoge auch diesmal wieder großartig sind. Andererseits wird eine Figur wie der unbedarfte Overbeck bis an die Grenze zur Parodie auf die Spitze getrieben, und einige der wundersamen Begegnungen Wilsbergs haben fast Comedy-Charakter. Dass die Filme trotzdem in erster Linie Krimis sind, ist fast schon ein Kunststück.