Kirchen und Staat: 50 Jahre gemeinsame Entwicklungspolitik

Foto: epd-bild/Jörn Neumann
Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonfrenz Robert Zollitsch und EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider während des ökumenischen Gottesdienstes in Bonn, anlässlich der 50 Jahre andauernden Kooperation in der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Staat und Kirche.
Kirchen und Staat: 50 Jahre gemeinsame Entwicklungspolitik
Die Kirchen und die Bundesregierung haben am Donnerstag das 50-jährige Bestehen ihrer engen Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik gefeiert.

Bundespräsident Joachim Gauck hat den beiden großen Kirchen für ihren weltweiten Einsatz gegen Armut und Ungerechtigkeit gedankt. Sie engagierten sich seit Jahrzehnten für den "fernen Nächsten", sagte Gauck am Donnerstag in Bonn in einem Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Zusammenarbeit von Staat und Kirchen in der Entwicklungspolitik. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sprach von einer Erfolgsgeschichte. Spitzenvertreter der Kirchen warben dafür, Verantwortung für Mitmenschen und die Umwelt zu übernehmen.

Gauck sagte in der Feierstunde vor rund 500 Festgästen in der Bundeskunsthalle, die Kirchen hätten sich früh gegen strukturelle Ungerechtigkeit gewandt. Mit Hilfe ihres großen Kontaktnetzes könnten sie Menschen erreichen, zu denen anders kein Zugang bestehe. Ihre Entwicklungsarbeit genieße bisweilen ein höheres Ansehen als die staatliche.

"Viele weiße Besserwisser am Werk"

Für die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung hatten die beiden großen Kirchen 1962 die Evangelische und die Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe gegründet. Seither erhielten sie insgesamt rund 6,2 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit. In diesem Jahr waren es jeweils 108 Millionen Euro. Sie unterstützten mit diesen Zuschüssen und eigenem Geld fast 20.000 Hilfsprojekte in Asien, Afrika und Lateinamerika.

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Entwicklung sei eine ganzheitliche Aufgabe von Politik und Gesellschaft, Staat und Kirche mit den Betroffenen vor Ort, betonte Gauck. Das Staatsoberhaupt schlug in seiner ersten großen Rede zur Entwicklungspolitik auch kritische Töne an. Es gehe auch um den westlichen Lebensstil, sagte Gauck: "Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes steht uns ein neues Nachdenken über den Lebensstil hoch industrialisierter Gesellschaften gut an."

Der Bundespräsident kritisierte zudem, viele große Entwicklungspläne seien "am grünen Tisch ersonnen" worden, ohne wirklichen Kontakt zu den Bedürftigen. Auch bei den Missionaren seien "viele weiße Besserwisser am Werk" gewesen.

"Das von Gott geschaffene Universum"

Niebel würdigte die Kirchen als wichtige Dialogpartner und Impulsgeber, auch wenn er nicht alle ihre Forderungen teile. Sie hätten vom Fairen Handel bis zum Abbau der Agrarexportsubventionen Trends gesetzt, sagte der Entwicklungsminister in Anwesenheit seiner Amtsvorgänger Heidemarie Wieczorek-Zeul und Erhard Eppler (beide SPD).

In einem ökumenischen Gottesdienst, der dem Festakt vorausging, beschrieb der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, die kirchliche Entwicklungsarbeit als ganzheitliche Hilfe für die Hungernden und Entrechteten dieser Welt. Gott befähige die Menschen, "Verantwortung zu übernehmen für uns und für unsere Mitmenschen, für unsere Welt und für das von Gott geschaffene Universum", sagte der rheinische Präses.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hob hervor, Entwicklungszusammenarbeit sei nicht nur eine Aufgabe des Staates, sie verlange "das Mittun vieler". Kirchlicher Entwicklungsdienst wolle Menschen zur Selbsthilfe befähigen und richte sich an alle Menschen unabhängig von Herkunft und Religion.