"Alter Rock'n'Roller" wird die Nordkirche leiten

Foto: dpa/Angelika Warmuth
Der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich ist einziger Kandidat für die Wahl zum ersten Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
"Alter Rock'n'Roller" wird die Nordkirche leiten
Guten Schauspielern merkt man ihr Spiel nicht an, wenn sie mit dem Herzen dabei sind. Mit Gerhard Ulrich wird ein gelernter Schauspieler erster Landesbischof der Nordkirche - ein leidenschaftlicher Prediger, der Freude am Glauben vermittelt.
21.02.2013
epd
Thomas Morell

Gerhard Ulrich ist am Donnerstag im Lübecker Dom mit großer Mehrheit zum ersten Landesbischof der Nordkirche gewählt worden. Der 61-Jährige war einziger Kandidat und bereits vor der Wahl - wenn auch nur vorläufig - oberster Repräsentant der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

Engagierter Streiter für Fusion

Im Juli 2008 wurde Ulrich zum Schleswiger Bischof gewählt. Sein Bischofsbezirk reicht vom südlichen Dänemark über Kiel und Eutin bis zur Dithmarscher Westküste. Schon bei seiner Wahl liefen die Verhandlungen zur Nordkirche und Ulrich wurde nur ein halbes Jahr später Vorsitzender der "Gemeinsamen Kirchenleitung". Seitdem wirbt und streitet er engagiert für die gemeinsame Kirche. In Schleswig vertritt ihn derweil Gothart Magaard als Bischofsbevollmächtigter.

###mehr-artikel###Den Weg zur Kirche fand Ulrich über Umwege. 23 Jahre lang habe er ohne innere Gottesnähe gelebt, sagt er von sich. Sein Elternhaus sei nicht sehr kirchlich geprägt gewesen. Der Polizistensohn wurde in Hamburg-Rahlstedt zwar getauft, doch schon den Kindergottesdienst schwänzte er regelmäßig. Auch der Konfirmandenunterricht ging ohne Spuren an ihm vorbei.

Bekehrung im Theater

Sein Bekehrungserlebnis hatte er mit 23 Jahren im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater. Ulrich war Schauspielschüler und spielte in dem Stück "Abaelard und Héloise", als dort eine Kollegin den 139. Psalm rezitierte. Diese Worten hätten ihn so bewegt, dass er das Studium der Theaterwissenschaften aufgab, um Theologie zu studieren. 

Sein damaliger Kampf gegen die Kirche sei Ausdruck einer ungewöhnlichen Suche nach Gott gewesen, sagt er heute. Dass er in der nordelbischen Kirche Menschen begegnet sei, die ihn ohne Vorbehalt akzeptierten, habe ihn stark berührt. Er habe diese Kirche nicht als eine "Gesellschaft der Wissenden", sondern als eine "Gemeinschaft der Suchenden" erlebt.

###mehr-info###Nach seinem Studium war Ulrich zunächst Pastor in Barsbüttel bei Hamburg und in Hamburg-Wellingsbüttel, ehe er die Leitung des Predigerseminars Preetz übernahm. 1996 wurde er Propst im Kirchenkreis Angeln, einer ländlichen Region im Norden Schleswig-Holsteins, die ZDF-Zuschauer aus der Serie "Der Landarzt" kennen. Ulrich ist verheiratet, Vater von vier Söhnen und seit kurzem auch Opa.

Frisch gebackener Großvater

Mit Humor und Beharrlichkeit leitet er die Amtsgeschäfte. Vor allem die Fusionsverhandlungen zur Nordkirche haben ihn zuweilen an die Grenzen der nervlichen Belastbarkeit gebracht. Dass die drei Synoden von Nordelbien, Mecklenburg und Pommern dem Zusammenschluss zur Nordkirche am Ende mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmten, ist auch maßgeblich seiner Integrationskraft zu verdanken.

Darüber hinaus waren die Missbrauchsfälle in Ahrensburg ein Konfliktfeld, das ihn auch persönlich stark belastete. Bischöfin Maria Jepsen trat im Juli 2010 deshalb zurück. Überregional ist er als Leitender VELKD-Bischof oberster Repräsentant von sieben evangelisch-lutherischen Landeskirchen mit zehn Millionen Mitgliedern. Während seiner Reisen im Auftrag des Lutherischen Weltbundes nach Kenia, Indien und in den Kongo scheute er keine Strapazen, um die Lebensumstände der Menschen persönlich vor Ort kennenzulernen. Regelmäßig ist er in der TV-Sendung "So Gesehen" auf Sat.1 zu sehen.

Umzug nach Schwerin

Dass Ulrich einziger Kandidat war, galt als Zeichen für Kontinuität. Letztlich wird er nach der Wahl seine bisherigen Amtsgeschäfte nur mit neuem Titel weiterführen. Allerdings steht ihm ein Umzug nach Schwerin ins Haus, dem Sitz des neuen Landesbischofs. Lange bleibt Ulrich allerdings nicht im Amt. Er wird am 9. März 62 Jahre alt - spätestens 2019 geht er in den Ruhestand.

Strenge Disziplin hat er sich dafür verordnet, dass auch freie Zeit für seine Familie und Freunde bleibt. Gut entspannen kann er sich bei den harten Rhythmen der Rolling Stones. Die Songs von Mick Jagger und Keith Richard hat er sich für die Autofahrten aufs Handy geladen. Ulrich: "Im Herzen bin ich doch ein alter Rock'n'Roller."