Karlsruhe stärkt Adoptionsrecht für Homosexuelle

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Karlsruhe stärkt Adoptionsrecht für Homosexuelle
Das Bundesverfassungsgericht hat Beschränkungen beim Adoptionsrecht homosexueller Lebenspartner für verfassungswidrig erklärt. Die zusätzliche Adoption durch den zweiten Partner diene dem Kindeswohl, begründete das Gericht sein Urteil.

Das bisherige Verbot der sogenannten Sukzessivadoption verstoße gegen das Recht auf Gleichbehandlung, entschieden die Richter in dem am Dienstag verkündeten Urteil. Dabei geht es um Fälle, in denen einer der beiden Partner ein Kind adoptiert hat und der andere Partner zusätzlich Adoptivmutter oder -vater werden möchte. Auch schwulen und lesbischen Paaren in einer Lebenspartnerschaft müsse in diesen Fällen grundsätzlich eine Adoption möglich sein, entschied das Gericht.

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Die bisherige Regelung verletze sowohl die betroffenen Kinder als auch die Lebenspartner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung, sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof. Die Benachteiligung sei nicht dadurch gerechtfertigt, dass es sich um gleichgeschlechtliche Lebenspartner handele. Diese könnten "ebenso wie Partner in einer Ehe in dauerhafter rechtlicher Bindung für das Wohl des Kindes sorgen", sagte Kirchhof.

Die zusätzliche Adoption durch den zweiten Partner sei dem Wohl des Kindes in der Regel zuträglich. Sie sei geeignet, "stabilisierende entwicklungspsychologische Effekte zu entfalten", so das Gericht. Außerdem werde die rechtliche Stellung des Kindes verbessert; insbesondere profitiere ein Kind bei Unterhalt und Erbrecht von der doppelten Elternschaft.

Keine Entscheidung über gleichzeitige Adoption

Der Erste Senat gab der Verfassungsbeschwerde einer Ärztin aus Münster statt. Ihre Lebenspartnerin hatte 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert. Das Kind, inzwischen 13 Jahre alt, lebt mit beiden im gemeinsamen Haushalt - doch den Wunsch der Ärztin, gleichfalls Adoptivmutter zu werden, lehnten die Gerichte entsprechend der gesetzlichen Regelung ab. Diese Entscheidungen hoben die Verfassungsrichter nun auf.

Für eine Neuregelung setzten die Richter eine Frist bis zum 30. Juni 2014. Das Gericht ordnete zudem an, dass eine Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartner ab sofort möglich ist. Dies sei wegen der ansonsten eintretenden "unzumutbaren Nachteile" notwendig.

Die Entscheidung betrifft nicht die Frage der gleichzeitigen, gemeinschaftlichen Adoption durch beide Lebenspartner. Auch hier gibt es Ungleichbehandlung: Ehepaare können gemeinsam Kinder adoptieren, Lebenspartner nicht. Ob diese Benachteiligung zulässig ist, ließen die Richter offen. Derzeit sind hierzu sind keine Verfahren in Karlsruhe anhängig.

EKD: Verantwortung zu übernehmen "ist nur zu begrüßen"

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte die Stärkung der Adoptionsrechte von Homosexuellen durch das Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung der Karlsruher Richter gebe "in solchen Fällen den tatsächlichen Lebensverhältnissen eine klarere rechtliche Gestalt", sagte der Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Friedrich Hauschildt, am Dienstag in Hannover dem epd. "Wenn in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft einer der Partner ausdrücklich Verantwortung für das Adoptivkind des anderen Partners übernimmt, ist das nur zu begrüßen."

"Super", schrieb auch Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt am Dienstag wenige Sekunden nach der Verkündung im Kurznachrichtendienst Twitter. Ihre Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem Sieg für die Kinder, denn diese seien jetzt auch rechtlich verbunden mit denen, die im Alltag schon längst ihre sozialen Eltern seien: "Familie ist da, wo Erwachsene Verantwortung übernehmen - egal, ob Hetero oder Homo."

Die Unionsfraktion im Bundestag reagierte zurückhaltend. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), wollte sich am Dienstag in Berlin zunächst nicht zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts äußern.

Mit Blick auf das noch ausstehende Urteil der obersten Richter zum Ehegattensplitting von Homosexuellen sagte er aber: "Eine Tendenz Richtung Gleichstellung mag man ableiten. Ich will darüber aber nicht spekulieren." Teile der CDU würden das akzeptieren. Zwei Drittel der Delegierten beim CDU-Bundesparteitag im Dezember hätten aber dagegen gestimmt, die steuerliche Besserstellung von Ehepaaren auch homosexuellen Lebenspartnerschaften zu Gute kommen zu lassen.

Justizministerin begrüßt das Urteil

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lobte das Urteil: "Die heutige Entscheidung markiert einen historischen Schritt, um endlich Regenbogenfamilien in Deutschland auf ein umfassendes sicheres rechtliches Fundament zu stellen", erklärte die FDP-Politikerin nach Verkündung des Urteils: "Die volle Adoption muss der nächste Schritt sein."

Die Justizministerin hatte sich wiederholt für ein umfassendes Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ausgesprochen. Bislang dürfen gleichgeschlechtliche Paare keine Kinder adoptieren, nur die Annahme des leiblichen Kindes des Partners war möglich. Die Verfassungsrichter urteilten am Dienstag, dass dies auch für adoptierte Kinder gelten muss. Leutheusser-Schnarrenberber sagte auch, das Bundesverfassungsgericht habe die Union erneut aufgefordert, sich zu bewegen. Anders als die FDP wollen CDU und CSU mehrheitlich keine Änderung der Adoptionsregeln.