Gauck verspricht Angehörigen der NSU-Opfer Aufklärung

Foto: dpa/Fabrizio Bensch
Bundespräsident Gauck empfängt Angehörige der Neonazi-Mordopfer.
Gauck verspricht Angehörigen der NSU-Opfer Aufklärung
Bei einem Treffen mit den Angehörigen der Mordopfer der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU hat Bundespräsident Joachim Gauck versprochen, sich für konsequente Aufklärung der Taten und Hintergründe einzusetzen.

"Ich kann Ihnen nicht versprechen, Ihnen Sorgen nehmen zu können, die sie heute bedrücken", sagte Gauck am Montag vor den Betroffenen, unter denen auch Verletzte des Bombenanschlags von 2004 in Köln waren. Er wolle aber alles tun, was er könne, dass das Land nicht vergesse, was geschehen ist, und dass aufgeklärt werde, wo es Fehler gegeben habe, sagte er.

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Gauck hatte die rund 70 Hinterbliebenen und Betroffenen sowie die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer des Neonazi-Terrors, Barbara John, ins Schloss Bellevue nach Berlin eingeladen. Der Bundespräsident unterstrich, der Wille zur Aufklärung der Taten und der Versäumnisse von Behörden sei da und werde breit unterstützt. Er werde genau verfolgen, "ob staatliche Stellen ausreichend aufklären und Fehler Fehler nennen", sagte Gauck. In solchen Fällen werde er auch nach Konsequenzen fragen. "Ich will, dass Sie neues Vertrauen fassen können", sagte er an die Angehörigen gewandt.

Einige Angehörige hatten ihre Teilnahme an dem Gespräch kurz zuvor abgesagt. Nach Medienberichten begründeten sie ihre Absage mit der fehlenden Möglichkeit, Anwälte mit zu dem Treffen zu nehmen und detailliert über die Probleme zu reden. Das Bundespräsidialamt bestätigte, dass es Absagen gegeben habe.

Verständnis für Absagen

Die Opferbeauftragte John zeigte für die Absagen Verständnis. Für die Hinterbliebenen, deren Umfeld teilweise selbst im Zusammenhang mit den Morden verdächtigt worden sei, gebe es noch viele Fragen zu beantworten, sagte sie im Nachrichtenkanal Phoenix. John forderte, die Angehörigen weiter zu unterstützen und Konsequenzen aus den Taten zu ziehen. Diese "schlimmste Mordserie nach dem RAF-Terrorismus" dürfe nicht abgehakt werden, sagte sie.

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy, regte an, dauerhaft eine Beauftragte für Opfer der rechtsextremen Gewalttaten einzusetzen. Er habe es zum Beispiel für nicht nachvollziehbar gehalten, dass die über 20 Verletzten des Bombenanschlages von 2004 in Köln relativ allein gelassen worden sind, bis sich herausgestellt hat, wer die Täter waren, sagte Edathy dem epd. "Da stellt sich die Frage, ob man nicht so etwas wie eine Opferbeauftragte tatsächlich als feste Einrichtung auf Bundesebene in Erwägung ziehen könnte." Barbara John habe hervorragende Arbeit geleistet, sagte Edathy.

Hält Ministerium Akten zurück?

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, forderte eine Sondersitzung des Bundeskabinetts, um der Frage nachzugehen, ob aus dem Bundesinnenministerium Akten zurückgehalten werden, die für die Aufklärung nötig wären. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse das zur Chefsache machen, forderte Kolat im rbb-Hörfunk. Die Kanzlerin will sich ebenfalls in den nächsten Monaten mit den Angehörigen der Opfer treffen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert soll dies im April oder Mai geschehen.

Die drei Rechtsextremisten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen zwischen 2000 und 2007 insgesamt zehn Menschen, darunter vorwiegend Migranten, ermordet haben. Der rechtsterroristische Hintergrund der Taten wurde nach Versäumnissen der Behörden in den Jahren zuvor erst im November 2011 aufgedeckt.