Kaum jemand verkörpert mondäne, leicht blasierte Damen aus der besseren Gesellschaft so gut wie Christiane Hörbiger. Sie verleiht solchen Rollen stets etwas Aristokratisches, das die Figuren dem Alltag entrückt. Für die alte Jungfer Katharina Wallner gilt das nicht minder, doch die alleinstehende ältere Frau ist alles andere als mondän und wirkt wie aus der Zeit gefallen. Katharina betreibt in Wien ein Geschäft für Filmstar-Devotionalien. Autogrammkarten, Requisiten, Kleidungsstücke. In ihrer "Schatztruhe" gibt es alles, was das Herz begehrt; vorausgesetzt, man schwärmt für das Kino der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Schon allein diese Hommage an die Klassiker macht einen großen Charme des Films aus.
Aber er ist auch ein Krimi: Heinz Ortner (August Schmölzer), der Besitzer des Hauses, in dem Katharina Mietrecht auf Lebenszeit genießt, versucht seit geraumer Zeit, sie aus ihrem Laden zu mobben. Seinem miesen Verwalter sind alle Mittel recht, um die Mieterin zu vertreiben; das Spektrum reicht von regelmäßig verklebten Schlüssellöchern bis zu ihren Todesanzeigen, mit denen eines Tages das Schaufenster tapeziert ist. Aber auch der Hausbesitzer ist ein Schurke durch und durch: Er schlägt seine Freundin Mirjana (Edita Malovcic) regelmäßig grün und blau und macht sich außerdem an ihre halbwüchsige Tochter Lena (Stella Butz) ran. Eines Tages aber naht die Rettung in Gestalt von Katharinas Schwester: Hannah Laval (Maresa Hörbiger) hat einst Karriere als Varieté-Sängerin gemacht und kehrt nach vierzig Jahren nach Wien zurück. Sie ist unheilbar krank, und weil sie nichts mehr zu verlieren hat, sorgt sie kurzerhand dafür, dass weder Katharina noch Mirjana und ihre Tochter je wieder Ärger mit Ortner bekommen. Natürlich ruft die Leiche des Mannes im Hausflur die Polizei auf den Plan. Als Kommissar Graumann (August Zirner) endlich die Wahrheit aus Katharina rausholt, gibt es nur ein Problem: Hannah ist wie vom Erdboden verschluckt.
"Meine Schwester" ist gleich aus mehreren Gründen bemerkenswert. Das beginnt mit der Besetzung: Eigentlich würde man Christiane Hörbiger in der Rolle der dominanten Schwester erwarten. So aber nutzt sie die Gelegenheit, eine andere Facette ihres Talents auszuspielen und die verhuschte Katharina gerade körpersprachlich nicht minder überzeugend zu charakterisieren. Ihre sieben Jahre jüngere Schwester Maresa ist auch deshalb eine interessante Wahl für die Figur der Hannah, weil die beiden hier erstmals gemeinsam vor der Kamera stehen. Geschrieben und inszeniert hat den Film Sascha Bigler (Koautor ist Axel Götz), der Sohn von Christiane Hörbiger. Es ist sein erster Film, und man spürt, dass Bigler die Gunst der Stunde nutzen wollte, um etwas Besonders zu schaffen. Nicht nur die Geschichte, auch die Bildgestaltung (Gero Lasnig) erinnert immer wieder an klassische Psycho-Thriller; selbst wenn sich die Spannung in Grenzen hält. Dafür sind die Figuren um so interessanter. Kommissar Graumann zum Beispiel ist nur noch ein Wrack, seit sich seine Frau das Leben nahm, teilt aber mit Katharina die Liebe zu den Klassikern des österreichischen Films und kommt auf diese Weise wieder aus seinem Schneckenhaus.