Der Film beginnt wie ein Polizeithriller: Die beiden Kommissare folgen einem Notruf, geben sich vorschriftsmäßig gegenseitig Deckung, entdecken die blutbesudelte Leiche einer schönen jungen Frau; aber als sie einen Moment nicht acht geben, fallen Schüsse, Bootz bricht zusammen. Sein Kollege schafft ihn aus der Schusslinie und jagt dann dem Täter hinterher, um bei seiner Rückkehr in die Wohnung festzustellen, dass die Leiche verschwunden ist. Natürlich hält der Film weder die Intensität noch das Tempo der ersten Minuten durch, aber der rasante Auftakt war bei der Erstausstrahlung des Films im Sommer 2009 ein weiterer Beleg dafür, welch’ anderer Wind nach der Pensionierung des wackeren Bienzle durch die Krimis aus Stuttgart fegte.
Keine Leiche, kein Mörder
Trotzdem kehrt nach der Einführung erst mal Ruhe ein. Kein Wunder: Die Ermittler Lannert und Bootz (Richy Müller, Felix Klare) haben weder eine Leiche noch einen Mörder, und da die Tote eine Prostituierte war, wimmelt es am Tatort nur so von DNA-Material. Mieter der Penthouse-Wohnung ist ein Zuhälter, der sich zwar höchst kooperativ gibt, letztlich aber keine große Hilfe ist. Auch dafür gibt es Gründe, denn der Mann plant ein Edelbordell nahe der Musical-Meile, und dabei soll ihm der eifrigste Kunde des Opfers behilflich sein: Bertram Högele (Stephan Schad) kandidiert für den Landtag, ist selbstredend verheiratet und somit extrem erpressbar.
Neben der konsequent durchgehaltenen Undurchschaubarkeit (Buch: Stephan Brüggenthies) imponiert Thomas Freundners "Tatort" vor allem durch die jederzeit überzeugende Kombination aus Fall und Figuren. Wo andere Filme viel Gerede machen, genügen Freundner und Brüggenthies kleine Momente oder gar nur ein Szenenwechsel. Schön ist auch das wortlose Einverständnis zwischen den beiden Partnern, ganz zu schweigen von den kleinen Geschichten am Rande, etwa einer unausgesprochenen Romanze zwischen der kroatischstämmigen Kriminaltechnikerin Nik Banovic (Miranda Leonhardt) und dem Bruder (Fjodor Olev) der gleichfalls aus Kroatien stammenden Toten.
Vor allem aber ist "Das Mädchen Galina" ein ausgezeichneter Krimi, der beinahe hingebungsvoll den Landespolitiker als Täterpopanz aufbaut, obwohl der Hinweis auf den Mörder von Anfang an wie ein Duft des Todes in der Luft liegt. Stuttgart, auch das war damals neu, wird dank der Ausflüge ins Rotlichtmilieu ein bisschen als "Hamburg des Südens" inszeniert; eine zweifelhafte Ehre zwar, aber immerhin unbestreitbar ein Großstadtattribut. Ein wunderbar selbstironischer Einfall ist schließlich Lannerts Besuch bei seiner studierenden Nachbarin: Sie muss eine Hausarbeit über Gewalt im Fernsehen schreiben. Kopfschüttelnd schaut sich der Kommissar an, was die TV-Kollegen so treiben.