Angela Merkel, die Fernsehkanzlerin

Foto: dpa/Felix Kindermann
Mit den Kameras des Fernsehen kokettiert die Kanzlerin selten - aber darin zu sehen ist sie sehr oft, gerade im Vergleich mit ihren Politikerkollegen.
Angela Merkel, die Fernsehkanzlerin
Ein hohes Amt macht aus Politikern TV-Stars. So vergeht kaum ein Tag, an dem die Bundeskanzlerin nicht im Fernsehen zu sehen ist. Merkels Präsenz im Vergleich zu der von anderen Spitzenpolitiker ist jedoch erstaunlich groß.
03.01.2013
Martin Weber

Gegen diese Frau sehen Veronica Ferres, Jan Josef Liefers, Iris Berben oder Heino Ferch ganz blass aus: Der größte Star im deutschen Fernsehen heißt Angela Merkel. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Bundeskanzlerin nicht irgendwo im Programm zu sehen ist, zitiert oder zumindest erwähnt wird.

Das ist auf den ersten Blick wenig verwunderlich, immerhin hat die 58-jährige CDU-Politikerin seit gut sieben Jahren das wichtigste politische Amt der Bundesrepublik inne. Erstaunlich ist aber, wie sehr die Regierungschefin den Bildschirm beherrscht: Wie eine neue Studie des Instituts für empirische Medienforschung (IFEM) in Köln belegt, erscheint Angela Merkel seit Jahren mit einem geradezu fulminanten Abstand auf andere Spitzenpolitiker am häufigsten in den TV-Nachrichten – von der Fernsehpräsenz der Kanzlerin können sie nur träumen.

Forscher analysierten mehr als 70.000 TV-Politikerauftritte

Für ihre jetzt in der Fachzeitschrift "Media Perspektiven" veröffentlichte Studie analysierten die Medienforscher des IFEM 73.202 Politikerauftritte in Nachrichtensendungen wie "Tagesschau" (ARD), "heute" (ZDF) oder "RTL aktuell" über einen Zeitraum von mehreren Jahren.

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Fast die Hälfte davon entfielen auf gerade mal 20 Politker, darunter Ursula von der Leyen (CDU), Horst Seehofer (CSU), Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel (beide SPD), Philipp Rösler (FDP), Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) oder Gregor Gysi (Die Linke).

An der Spitze liegt erwartungsgemäß Angela Merkel, doch der Abstand, den sie auf die Nächstplatzierten hat, ist bemerkenswert: So ging es in den vom Institut für empirische Medienforschung ausgewerteten Newssendungen satte 9.464 Mal um die Kanzlerin, davon wurde sie 4.820 Mal genannt, 2.963 Mal war sie im Bild zu sehen und in 1681 Fällen kam sie auch mehr oder weniger ausführlich zu Wort.

Zweitplatzierter: Steinmeier, Drittplazierter: Westerwelle

Der Zweitplatzierte Frank-Walter Steinmeier von der SPD dagegen tauchte im analysierten Zeitraum von 2006 bis 2011 nur 2.811 Mal in den ausgewerteten Sendungen auf – er wurde 1.709 Mal erwähnt, war 716 Mal zu sehen und 386 Mal auch zu hören. Der Drittplazierte, Außenminister Guido Westerwelle (FDP), brachte es auf 2.498 Auftritte (1.654 Nennungen, 523 Sichtungen und 321 O-Töne), Wolfgang Schäuble (CDU) muss sich mit dem vierten Platz begnügen, er kam 2.071 Mal vor – der amtierende Finanzminister wurde in 985 Fällen genannt, war 677 Mal im Bild und durfte sich 409 Mal vor einem TV-Mikrofon äußern.

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Zu den am häufigsten auf dem Bildschirm auftauchenden Politikern gehören der Studie zufolge naturgemäß Personen, die über einen längeren Zeitraum ein hohes Amt oder eine wichtige Funktion ausüben. Faustregel: Je wichtiger der Mann oder die Frau, desto häufiger die Anlässe und Termine, über die in Bild und Ton berichtet wird. "Von diesen meistpräsenten Politikern gehören sieben der CDU, fünf der SPD, drei der CSU, drei der FDP und je einer den Grünen und der Partei Die Linke an", listet die Studie akribisch auf.

Doch nicht nur die Verkündung wichtiger politischer Entscheidungen, der vielbeachtete Auftritt bei Konferenzen und Staatsbesuchen, die launige Ansprache bei Volksfesten und Wirtschaftsmessen oder die wegweisende Rede im Bundestag garantieren TV-Präsenz, sondern auch Skandale und Affären, denn: "Weiter erreichten solche Politiker die Top 20, deren Präsenz ereignisbedingt durch Rücktritt vom Amt, Wechsel im Amt oder Skandal zustande kam", heißt es in der Studie.

Rücktritte, Amtswechsel oder Skandale bringen Präsenz

Das gilt beispielsweise für den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der es im analysierten Zeitraum auf den neunten Platz der Politiker brachte, die am meisten im Fernsehen zu sehen waren – vor allem die peinliche Plagiatsaffäre und der anschließende Rücktritt des CSU-Senkrechtstarters 2011 waren Futter für die Fernsehnachrichten.

Besonders starke Auswirkungen auf die TV-Präsenz hat es vor diesem Hintergrund natürlich, wenn das höchste Staatsamt und ein Skandal  zusammenkommen, wie im Fall von Christian Wulff, der im Februar 2012 von seinem Amt als Bundespräsident zurücktreten musste. Als die Wulff-Affäre Ende 2011 begann, wurde der Politiker zum Topthema der Fernsehnachrichten, und so schaffte er es auf den zwölften Platz des Rankings, obwohl er insgesamt nur 598 Tage Staatsoberhaupt gewesen war.