Friedrich: Europa muss für Syrien-Flüchtlinge gemeinsame Lösung finden

Foto: dpa/Friso Gentsch
Wird sich die Lage in Syrien nicht beruhigen, rechnet Innenminister Hans-Peter Friedrich damit, dass auch in Deutschland mehr syrische Flüchtlinge Asyl beantragen.
Friedrich: Europa muss für Syrien-Flüchtlinge gemeinsame Lösung finden
Aus Syrien flüchten immer mehr Menschen vor dem Bürgerkrieg in die Nachbarländer. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) rechnet damit, dass bei einem anhaltenden Flüchtlingsstrom auch mehr syrische Asylbewerber nach Deutschland kommen. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach er sich dafür aus, bevorzugt syrische Flüchtlinge aus der christlichen Minderheit in Deutschland aufzunehmen.
14.12.2012
epd
Corinna Buschow und Thomas Schiller

In Berlin protestieren seit Wochen Flüchtlinge gegen Residenzpflicht, Sachleistungsprinzip und Heimunterbringung. Werden diese Instrumente wirklich noch gebraucht?

Hans-Peter Friedrich: Die Residenzpflicht ist sinnvoll, unter anderem weil die Behörden im laufenden Asylverfahren wissen müssen, wo sich die Asylbewerber aufhalten. Auch die Heime sind angemessen ausgestattet. Und dass man Sachleistungen vergibt, ist ebenfalls richtig. Jeder Asylbewerber kann in Deutschland menschenwürdig leben und wird mit Essen, Trinken und Kleidung versorgt.

###mehr-artikel### Das Asylbewerberleistungsgesetz muss neu geschrieben werden. Es gibt einen Entwurf von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Sie hatten ursprünglich andere Vorstellungen und wollten niedrigere Leistungen für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge vorsehen. Werden Sie Widerspruch einlegen?

Friedrich: Nein, wir sind ja bereits erfolgreich. Es ist uns gelungen, die Asylverfahren für serbische und mazedonische Staatsangehörige deutlich zu beschleunigen. Die Verfahren werden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nun in weniger als zehn Tagen abgewickelt - mit allen vorgesehenen Prüfungsmaßstäben. Durch die nur noch kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland ist es für die Betroffenen nicht mehr attraktiv, allein aus wirtschaftlichen Gründen Asyl zu beantragen. Dies ist als klares Signal angekommen. Die Asylbewerberzahlen aus Serbien und Mazedonien sinken.
 
Wie steht es um das Vorgehen auf europäischer Ebene?

Friedrich: Wir haben im Kreis der EU-Innenminister einstimmig einen Notfallmechanismus beschlossen: Wenn ein Land seinen Verpflichtungen nicht gerecht wird, kann ein Visumszwang wieder eingeführt werden. Das muss jetzt noch das Europäische Parlament passieren. Dieser Notfallmechanismus ist auch ein politisches Signal an die entsprechenden Regierungen, die Lebensverhältnisse ihrer Landsleute so zu gestalten, dass sie keinen Grund sehen, das Land zu verlassen.
 
###mehr-links### Rechnen Sie damit, dass mit dem Einbruch des Winters mehr syrische Flüchtlinge kommen werden?

Friedrich: Schätzungen des UNHCR zufolge sind mehr als eine halbe Million Syrer außer Landes. Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Europa auffordern wird, syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist noch nicht geschehen, weil noch die Hoffnung besteht, dass man die Flüchtlinge von ihren jetzigen Aufenthaltsorten wieder zurück in ihre Heimat bringen kann. Sollte es aber anders kommen, wird die Aufnahmefähigkeit Europas und Deutschlands auf eine harte Probe gestellt. Selbstverständlich werden auch wir Menschen, die politisch verfolgt sind, bei uns aufnehmen, wie wir auch jetzt schon einigen tausend Syrern Schutz gewähren. Vor allem aber muss Europa eine gemeinsame Lösung finden. Die Flüchtlinge müssten auch innerhalb der gesamten EU - und bezogen auf Deutschland in jedes Bundesland - verteilt werden.

Bei den Flüchtlingen aus dem Irak wurden vor allem Christen in Deutschland aufgenommen. Wollen Sie einen solchen Schwerpunkt auch bei den Syrien-Flüchtlingen setzen?

Friedrich: Ja, das ist mein Ziel, allerdings sind wir auf die Zusammenarbeit mit dem UNHCR angewiesen. Der Hohe Flüchtlingskommissar lehnt es ab, "Religion" als ein Kriterium bei der Auswahl von Flüchtlingen zu akzeptieren.