TV-Tipp des Tages: "Der Architekt" (Einsfestival)

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TV-Tipp des Tages: "Der Architekt" (Einsfestival)
TV-Tipp des Tages: "Der Architekt", 14. Dezember, 20.15 Uhr auf Einsfestival
Architekten Georg Winter erhält einen Preis. Bei der Verleihung ist er innerlich abwesend: Er hat gerade erfahren, dass seine Mutter gestorben ist.

Ina Weisse gehört zu den vielen deutschsprachigen Schauspielerinnen, die für die Qualität von Filmen und Serien unverzichtbar sind. Sie sind keine Stars, und zu ihren Namen fällt einem nicht auf Anhieb das passende Gesicht ein. Gerade Weisse, zuletzt mit dem Deutschen Fernsehpreis für "Das Ende einer Nacht" ausgezeichnet, ist mit ihrer hintergründigen Erotik, die sie stets mit einem gewissen Geheimnis zu umgeben scheint, eine Darstellerin mit eindrucksvoller Ausstrahlung. Außerdem ist sie anders als die anderen: Die Berlinerin hat nicht bloß Schauspiel studiert, sondern auch Philosophie; und außerdem Regie. Nach mehreren Kurzfilmen war "Der Architekt" vor drei Jahren ihr Kinodebüt. Es ist ein Film wie sie selbst: bleich und fragil wirkend, aber ungemein kraftvoll und intensiv.

Vor allem aber ist "Der Architekt" schon allein darstellerisch sehenswert; wie eigentlich immer, wenn Schauspieler Regie führen. Der große Sepp Bierbichler verkörpert eine weitere seiner monumentalen Figuren, vielleicht nicht so wuchtig wie in Hans Steinbichlers "Winterreise", aber erneut von einer physischen Präsenz wie kaum ein anderer. Um so faszinierender ist es naturgemäß, wenn so ein Kerl scheitert; und um so ergreifender, wenn er sein Scheitern nicht wahrhaben will, bis er am Ende den höchstmöglichen Preis für seine Uneinsichtigkeit zahlen muss.

Verdrängung, Angst, Schuld und Selbstbetrug

Bierbichler spielt die Titelfigur, den Hamburger Architekten Georg Winter, der zu Beginn der Geschichte einen Preis erhält, bei der Verleihung aber innerlich abwesend ist: Er hat gerade erfahren, dass seine Mutter gestorben ist. Also packt er die Familie ins Auto und fährt in die Berge, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Die Städter wirken in dem tief verschneiten Dorf völlig fehl am Platz; und das nicht nur, weil ihr Auto prompt im Schnee stecken bleibt. Kein Wunder, dass Winter gleich nach der Beerdigung wieder weg will. Doch eine Lawine macht die Straße unpassierbar, und so ist die Familie gezwungen, sich mit all jenen Themen auseinander zu setzen, die sich im Alltag leicht verdrängen lassen. Das ohnehin labile Gleichgewicht implodiert endgültig, als der Pfarrer den letzten Willen verliest: Haus und Hof erbt zwar ein Enkel, doch nicht etwa Winters Sohn Jan (Matthias Schweighöfer), sondern ein Junge aus der Nachbarschaft; er ist das Ergebnis einer Affäre Winters mit Hanna (Sophie Rois), und natürlich hatte Gattin Eva (Hilde Van Mieghem) keine Ahnung.

Es passiert nicht viel in dieser Geschichte, die Weisse gemeinsam mit Daphne Charizani geschrieben hat, doch das Wenige passiert dank der vortrefflichen Bildgestaltung von Carl-Friedrich Koschnick ungemein wirkungsvoll. Herzstück des Films, optisch wie inhaltlich, ist ein Ausreißversuch der Tochter (Sandra Hüller) in die Berge. Koschnicks Bilder der ebenso unberührten wie ungerührten Natur sind von einer gleichzeitig majestätischen wie auch kalten Schönheit; mit tödlicher Gleichgültigkeit heißt der Schnee die junge Frau, die sinnigerweise Reh heißt, willkommen. Spätestens jetzt zeigt sich, dass auch der Familienname (natürlich) kein Zufall ist. Doch die beinahe wundersame Rettung Rehs zögert das Unvermeidliche nur hinaus.

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Themen der Handlung, sagt Ina Weisse, seien Verdrängung, Angst, Schuld und Selbstbetrug. Schlüsselszene in diesem Sinne ist die Trauerrede Winters, bei der er sich daran erinnert, wie seine Mutter ihm sonntags immer das Herz des Brathendls zu essen gab, weil der Verzehr angeblich den Charakter stärke; bis er eines Tages rausfand, dass er in Wirklichkeit Sonntag für Sonntag den Bürzel vertilgt hat. Sein Vater, früh verstorben, hat sich nie etwas anmerken lassen, er wollte der Mutter nicht die Freude verderben: Deutlicher lässt sich der Zustand einer Familie kaum charakterisieren. Die Kinder müssen es schließlich ausbaden; es sei denn, der Teufelskreis wird unterbrochen.