Die Freitagsfilme der ARD-Tochter Degeto sind schon geraume Zeit deutlich besser als ihr Ruf, aber diese Komödie ist dem Groschenromantitel zum Trotz ein echtes Schmuckstück. Dafür steht nicht zuletzt Edda Leesch. Die in erster Linie als Schauspielerin bekannte Autorin, die in die eigenen Drehbücher ("Das Glück ist eine Katze") gern auch reizvolle Nebenrollen für sich selbst einbaut, ist längst ein Garant für gute Unterhaltung. Ihre Kunst besteht darin, triviale Geschichten derart vergnüglich und durchaus anspruchsvoll zu verpacken, dass man sich selten unter Niveau amüsiert.
Antipathie zwischen Winzer und Anwältin
Auch "Wohin der Weg mich führt" erzählt eine dieser typischen Freitagsromanzen, die sich in ein bis zwei Sätzen zusammenfassen lassen: Johanna Christina Gehlen spielt eine Anwältin, die einem Winzer (Michael Fitz) die Kündigung für seinen Hof überbringen soll. "Es dauert nicht lange, bis die unterkühlte Juristin und der naturverbundene Winzer jenseits aller Paragraphen ihre Gemeinsamkeiten entdecken", verspricht der ARD-Pressetext, und das lässt erahnen, wie diese Geschichte hätte ausfallen können. Dass es anders gekommen ist, liegt auch an Regisseur Matthias Steurer. Der Österreicher hat bereits einige Leesch-Vorlagen verfilmt und mit der Ethno-Komödie "Zimtstern und Halbmond" ein echtes Degeto-Kleinod geschaffen. Trotzdem lebt "Wohin der Weg mich führt" in erster Linie von der Vielschichtigkeit der Handlung, von Figuren, die keineswegs so klischeehaft sind, wie sie scheinen, und von Schauspielern, die spürbare Freude an Leeschs kunstvollen, aber dennoch lebensnahen Dialogen haben.
Außerdem erzählt die Komödie nicht bloß eine, sondern ganz viele Geschichten, die jede für sich genug Stoff für eigene Filme böten. Die Antipathie zwischen Winzer und Anwältin ist nur die eine Seite. Auslöser ihrer erst juristisch geführten und dann immer persönlicher werdenden Zwistigkeiten ist ein uralter Bruderstreit: Winzer Jahn (Fitz) bewirtschaftet das Weingut seines verstorbenen Ziehvaters. Da das entsprechende Testament aber verschwunden ist, beansprucht der leibliche Sohn (Michael Lott) das Erbe für sich. Er will auf dem Grundstück an der Südlichen Weinstraße das in Filmen dieser Art unvermeidliche Wellness-Hotel errichten. Da Jahn auf die Anwaltspost nicht reagiert hat, soll die ehrgeizige Juristin Frankfurter Sarah Stein (Gehlen) im Auftrag ihres Chefs (Götz Otto) für klare Verhältnisse sorgen. Peter Jahn entpuppt sich allerdings als zäher Brocken: Er war selbst einst ein erfolgreicher Anwalt, bis sich sein Gewissen meldete und er ausstieg; entsprechend fundiert, aber auch pointenreich sind schon die ersten Wortgefechte zwischen dem sturen Winzer und der kratzbürstigen Großstädterin, die mit Pumps, Kostüm und Sportcabrio auf dem Hof so wunderbar deplatziert wirkt.
Und das ist bloß der Einstieg in einen Film, der immer wieder für Überraschungen sorgt, zumal jede Hauptfigur auch ihre Vorgeschichte hat. So stellt sich zum Beispiel raus, dass Sarah, die sich unfreiwillig auf dem Hof einnistet, ebenfalls auf einem Weingut aufgewachsen ist. Auch die Nebenfiguren sind weit mehr als bloß die üblichen Stichwortgeber. Peters Freund Torsten, genannt Torte (Jochen Nickel), will Sarah um jeden Preis imponieren und setzt dabei seine Ehe aufs Spiel. Gattin Gabi (Leesch) hält aber tapfer dagegen und schmiedet derweil ihre eigenen Komplotte, weshalb die Damen irgendwann mit der gleichen explodierten Dauerwelle rumlaufen. Gut geführt sind auch die drei Nachwuchsdarsteller, die Peters Pflegesöhne spielen; "Peter Pan und die verlorenen Jungs" heißt das Quartett im Dorf. Dass der Älteste Tortes Tochter liebt und sich der Jüngste zu Sarah hingezogen fühlt, führt zu weiten Verwicklungen, in deren Verlauf eine Ratte namens Tantchen und ein namenloses Stinktier maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte haben.