Streit um BVB-Grabstein: Ein Problem der Kommunikation

Foto: dpa/Bernd Thissen
Das Grab des im Alter von neun Jahren an Krebs verstorbenen Jens Pascal Schmidt in Dortmund. Der Junge hat sich kurz vor seinem Tod einen Grabstein mit Fußball und Borussia Dortmund-Emblem gewünscht.
Streit um BVB-Grabstein: Ein Problem der Kommunikation
Es war ein Streit, der so sehr polarisierte, dass Tausende Facebook-User sogar zu Demonstrationen aufriefen: Ein neunjähriger Junge aus Dortmund, der im Mai an einem Hirntumor gestorben war, hatte sich vor seinem Tod gewünscht, dass seine Liebe zum Fußballverein Borussia Dortmund auf seinem Grabstein sichtbar würde. Die Ablehnung des Gestaltungsentwurfs durch die Gemeinde, auf deren Friedhof der Junge begraben liegt, mündete erst nach massiven Protesten im Internet in einen Kompromiss.
14.11.2012
evangelisch.de

Der Streit entzündete sich an einer 68 Zentimeter hohen Stele aus schwarzem Granit, auf deren Spitze ein Fußball mit 22 Zentimeter Durchmesser thronen sollte. Der neunjährige Jens Pascal, glühender Fan von Borussia Dortmund, wünschte sich für seinen Grabstein das Emblem seines Vereins und den dazugehörigen Slogan "Echte Liebe".

Doch diesen Entwurf lehnte der Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde Dortmund-Bodelschwingh ab. Die Begründung: Der Grabstein sei dem Ort eines katholischen Friedhofs in dieser Form nicht angemessen. Beim Entwurf stehe der Fußball im Mittelpunkt, zudem fehle ein christlicher Bezug, der bei der Grabgestaltung erwünscht sei.

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Für Eltern war diese Ablehnung "ein Schlag in die Fresse", sie verstanden die Welt nicht mehr. Das Ablehnungsschreiben der Kirchengemeinde lieferte keine verständliche Antwort darauf, warum der Wunsch eines kleinen Jungen, der viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde, abgelehnt werden sollte. Mit Unverständnis reagierte auch die lokale Presse, als sie auf den Fall aufmerksam wird. Als die Geschichte in die sozialen Netzwerke dringt, sind die Reaktionen kaum noch zu überblicken.

Eine Welle der Solidarität schwappt durch Facebook, die größte Unterstützergruppe hat zwischenzeitlich bis zu 140.000 Mitglieder. Demonstrationen rund um die Bundesliga-Spiele am Wochenende sollen organisiert werden, um die Kirche zum Umdenken zu bewegen. Dabei beruft sich die Kirche nur auf die geltende Friedhofsordnung, die besagt, dass "Inschriften und Darstellungen, welche der christlichen Religion nicht entsprechen", auf Grabmälern nicht gestattet sind.

Der Sturm der Entrüstung übertönt das Gespräch

Im Sturm der Entrüstung in den sozialen Netzwerken geht allerdings unter, dass die Gemeinde den ursprünglichen Entwurf zwar abgelehnt, aber ein Gespräch zur Einigung über eine alternative Gestaltung angeboten hat. Erst auf Initiative der lokalen Zeitung "Westfälische Rundschau" kommt es am Dienstagabend zum Gespräch zwischen den Konfliktparteien.

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Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der denkbar einfach erscheint. Die Stele bleibt wie sie ist, doch der Ball wandert von der Spitze auf den Boden, liegt also jetzt neben der Granitsäule, um das Bild des Grabsteins weniger zu dominieren. Auch das Emblem des Fußballvereins und der Wahlspruch "Echte Liebe" finden überraschend ihren Platz, sie werden von einer zusätzlich eingravierten Taube ergänzt, um einen christlichen Bezug herzustellen. Für die Familie ist das kein Problem. Der Großvater, der ebenfalls auf dem Friedhof begraben liegt, hat selbst Tauben gezüchtet.

Nach dem Gespräch herrscht gelöste Stimmung: "Damit sind wir einverstanden – darüber hatten wir selbst schon nachgedacht", sagt Nicole Schmidt, die Mutter des Jungen über die Einigung. Der Pressevertreter des Kirchenvorstands, Michael Bodin gesteht: "Es hat wohl auf beiden Seiten gehakt." Im Anschluss bitten die Eltern die Fans um eine Absage der angekündigten Demonstrationen, für dies nun keinen Grund mehr gebe. Sie sind einfach nur erleichtert, dass eine Lösung gefunden wurde.

Mehr Fingerspitzengefühl hätte den Fall leichter gemacht

Im Nachhinein betrachtet ist der Fall dann doch zu einer größeren Sache geworden als nötig. Der Beweggrund der Kirchengemeinde, das Grabmal von Jens Pascal abzulehnen, war ein formaler - die Friedhofssatzung ist quasi das Hausrecht des Betreibers, die Ablehnung war deswegen formal gerechtfertigt. Doch das eine solche Ablehnung die Eltern hart trifft, ist klar. Besonders vor dem Hintergrund des Verlustes des eigenen Kindes wünschte man sich hier eine einfühlsamere Kommunikation.

Das eigentliche Problem an der Sache war also nicht religiöser Natur, sondern vor allem die zu strenge Auslegung der Friedhofssatzung. Die Gemeinde zeigte wenig Fingerspitzengefühl, die Ablehnung des Gestaltungsentwurfs, die den trauernden Eltern brieflich mitgeteilt wurde, lieferte keine befriedigende Begründung. Dass für die Gemeinde die Sache damit zunächst erledigt schien, erklärt auch, warum sich die Eltern alleingelassen fühlten.

Auf der anderen Seite haben die Medien den Fall aber erst zu einem Reizthema aufgebauscht und vor allem angeheizt, dass übereinander statt miteinander geredet wurde. Besonders die Internetuser sahen in der strengen Auslegung der Friedhofssatzung einen Akt der Unmenschlichkeit durch die Gemeinde. Das hätte direkt im Gespräch mit der Familie vermieden werden können, denn die am Ende erfolgreiche Vermittlung zeigte, dass das Thema relativ einfach zu lösen war. Letztlich ging es bei der Gestaltung um Kleinigkeiten. Die Friedhofssatzung der Gemeinde und die Fußballsymbolik als Teil der Grabgestaltung schließen sich jedenfalls nicht kategorisch aus.