Ein ebenso schlichter wie in seiner Verkürztheit überaus treffender Titel: weil Landwirt Gruber als "Bauernopfer" seinen Kopf für ein Verbrechen hinhalten muss, an dem er völlig unschuldig ist. Er hat nicht die leiseste Ahnung, warum ausgerechnet er zur Hauptfigur eines Komplotts wird, das die Nahrungsmittelproduktion revolutionieren soll. Tobias Moretti, der viele wunderbare Szenen hat, ist die perfekte Besetzung für diesen ewig schlecht gelaunten alleinerziehenden Landwirt, dem die Frau davon gelaufen ist. Als ihm auch noch das Schwein Lotte wegrennt, wird er endgültig zur Witzfigur: "Bauer sucht Sau". Da ahnt noch niemand, dass die Liebe von Tochter Lena zu Lotte am Ende entscheidenden Anteil an der Aufdeckung einer Verschwörung hat, deren Hintermänner unter anderem im Ernährungsministerium sitzen.
Die regelmäßigen Dioxin-Skandale unterstreichen die Brisanz dieses Films, mit dem sich die beteiligten Sender an ein ebenso komplexes wie aktuelles Thema wagen: Es geht um Nanotechnologie bei Lebensmitteln. Die winzig kleinen Partikel sind längst schon in Schokoriegeln und Limonaden enthalten. In der Landwirtschaft werden Wirkstoffe im Nanoformat bislang vor allem als Pestizide in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt. In "Bauernopfer" sind die winzig kleinen Partikel im Rahmen einer angeblichen Schutzimpfung jedoch in Grubers Kühe injiziert worden. Das ist bislang noch Science Fiction. Im Film wird der Nutzen der winzigen Partikel mit U-Booten vergleichen, die man von außen steuern und gezielt einsetzen könnte, um Gewichtszuwachs zu fördern, Krankheiten zu bekämpfen oder die Beschaffenheit der Fleischfasern zu regulieren. Die Technologie ist jedoch umstritten; befürchtet werden unter anderem Erbgutschädigungen. Gerade aufgrund ihrer Reaktionsfreudigkeit würden Nanoteile gut vom Körper aufgenommen. Die Ballung vieler Partikel an einer Stelle könnte zu Entzündungen führen.
Tödliche Spirale
All das ist jedoch Spekulation, schließlich sind die tatsächlichen Folgen der Technologie bislang nur unzureichend untersucht. Die Einwände sind sicher nicht unbegründet, aber eben auch bloß Theorie. Die Praxis ist Thriller: Als Tierarzt Kroetz (Tilo Prückner) ausgerechnet auf dem Hof von Biobauer Gruber kontaminierte Tiere entdeckt, versteht der Landwirt die Welt nicht mehr. Doch das ist nur der Anfang einer tödlichen Spirale: Kurz drauf wird Kroetz ermordet. Gruber, der sich kurz zuvor noch mit dem Veterinär gestritten hatte, will sich mit ihm aussprechen, findet den Sterbenden und steht prompt als Täter da. Er kann mit den Aufzeichnungen des Toten fliehen und findet Hilfe bei Biochemikerin Silvie (Bernadette Heerwagen), die für einen österreichischen Futtermittelhersteller arbeitet. Wie Kroetz, so durchschaut auch sie die Tragweite der Entdeckung; und schwebt nun gleichfalls in Lebensgefahr, ebenso wie Gruber und seine Tochter.
Mit großem Geschick verpackt das Drehbuch (Uli Brée, Rupert Henning) die Wissenschaft in eine Geschichte, die sich immer weiter zuspitzt. Dass man als Zuschauer über weite Strecken ähnlich ahnungslos ist wie Gruber, erhöht sogar noch die Identifikation mit der Hauptfigur. Dass die Autoren die Handlung schließlich nach Kroatien verlagern, wo Gruber und Silvie wundersam wieder aufeinander treffen, hat allerdings vor allem dramaturgische Gründe, weil er ihr so das Leben retten kann und der Film auf diese Weise auch noch ein paar romantisch Elemente erhält. Aber das Finale im Hauptquartier der Gangster inszeniert Regisseur Wolfgang Murnberger ziemlich packend.
Seltsam ist nur das Dialektgemisch. "Bauernopfer" ist eine von der Wiener DOR Film hergestellte Koproduktion zwischen ORF und SWR. Das erklärt, warum der Film zwar in Oberschwaben spielt, aber die wichtigsten Figuren österreichisch sprechen. Oder bayerisch, was genauso wenig passt.