Die "Church of England" ist Staatskirche

Church of England
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Die "Church of England" ist Staatskirche
In der Serie "Staat und Kirche" widmen wir uns der Frage, wie Kirche bei unseren europäischen Nachbarn verfasst ist - von der Staatskirche im Norden bis zum Laizismus im Süden. Unsere Mitarbeiterin Christiane Link aus London beschreibt das eng verwobene Verhältnis von Staat und Kirche in England.

Als der ehemalige Premierminister Tony Blair kurz nach seinem Rücktritt zum Katholizismus übertrat, kam das für die meisten Briten wenig überraschend. Es war bekannt, dass die Familie Blair regelmäßig in die katholische Kirche geht. Blairs Frau ist katholisch, und es war auch kein Geheimnis, dass die Kinder katholisch erzogen wurden. Das hatte seinen Grund: Auch wenn Großbritannien als sehr liberal gilt – Religionsfreiheit ist ein wichtiges Gut –, die "Church of England" ist Staatskirche, und die Strukturen von Staat und Kirche sind eng verwoben. Einen katholischen Premierminister hätten sich viele Briten dann doch nicht vorstellen können.

Diese enge Verzahnung von Staat und Kirche lässt sich in erster Linie historisch erklären. 1533 wollte sich König Heinrich VIII. von Katharina von Aragon scheiden lassen. Der Papst verweigerte dem bislang nach katholischer Grundüberzeugung lebenden König die Zustimmung. Es kam zu einem Bruch von Heinrich VIII. mit der katholischen Kirche. Die anglikanische Staatskirche entstand. Bis heute ist die Queen das weltliche Oberhaupt der "Church of England" und gleichzeitig Königin der Commonwealth-Staaten.

Die Mehrheit will eine Staatskirche

Der Status der "Church of England" als Staatskirche ist selten ein Thema in politischen Diskussionen in Großbritannien. 2008 beklagte allerdings der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Times", er nehme eine zunehmende Entstaatlichung der Kirche war, aber wenn dies passieren würde, sei das auch nicht "das Ende der Welt." Doch so schnell wird die "Church of England" ihren Status als Staatskirche nicht verlieren.

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2011 sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) für die Beibehaltung der "Church of England" als Staatskirche aus – und das obwohl die Mitgliedszahlen und die Anzahl der Gottesdienstbesucher stetig rückläufig sind. Nach eigenen Angaben hat die "Church of England" 26 Millionen getaufte Mitglieder, davon sind fast eine Million regelmäßige Gottesdienstbesucher, besondere Anlässe wie Beerdigungen oder Hochzeiten nicht eingerechnet.

Im Gegensatz zur "Church of England" verzeichnet die katholische Kirche im Königreich einen Aufschwung, da mit der Erweiterung der EU unter anderem viele katholische Einwanderer aus osteuropäischen Ländern nach Großbritannien gegangen sind. Außerdem lassen Diskussionen um weibliche Pfarrer und Bischöfe sowie der Streit um die Homo-Ehe immer wieder Menschen zum katholischen Glauben konvertieren.

Keine Kirchensteuer

Obwohl die "Church of England" Staatskirche ist, erhebt der Staat für sie keine Kirchensteuer, wie das in Deutschland üblich ist. Die Kirche finanziert sich in erster Linie aus Spenden ihrer Gemeindemitglieder. Rund drei Viertel ihres Gesamthaushaltes von insgesamt einer Milliarde Pfund (1,2 Milliarden Euro) kommt aus Spenden ihrer Gemeindemitglieder und Einnahmen in den Gemeinden. Zudem gibt es große Steuererleichterungen für die Kirche.

Wie eng Staat und Kirche verflochten sind, sieht man, wenn man sich das House of Lords, das britische Oberhaus ansieht. Im Gegensatz zum Unterhaus des britischen Parlaments sind die Mitglieder des House of Lords nicht demokratisch gewählt, sondern werden ernannt. Derzeit hat die Kirche 26 garantierte Sitze im Oberhaus, die in einem Rotationsverfahren durch Erzbischöfe und Bischöfe besetzt werden.

Allerdings hinterfragt man selbst im traditionsbewussten England unterdessen, ob ein nicht demokratisch legitimiertes Haus noch zeitgemäß ist. Vor allem die Liberal-Demokraten wollen eine Reform des Oberhauses vorantreiben. Sie sind der kleinere Koalitionspartner in der konservativ-liberaldemokratischen Regierung unter David Cameron. 80 Prozent der Sitze des Oberhauses sollen dann durch die Bürger des Landes durch Wahlen vergeben werden. Die Kirche würde aber auch nach den Reformplänen immerhin noch zwölf Plätze im Oberhaus mit Bischöfen besetzen können ohne diese von den Bürgern legitimieren zu lassen.

Wichtige Rolle im Schulwesen

Rund ein Viertel aller Grund- und Mittelschulen sind in der Trägerschaft der Kirche. Zudem sind sechs Prozent aller weiterführenden Schulen von der "Church of England" geführt. Mehr als eine Million Kinder gehen derzeit nach Angaben der Kirche auf eine Schule der "Church of England". Rund 15 Millionen derzeit lebende Menschen sind während ihrer Schulzeit auf einer Schule der "Church of England" gewesen. Oft gilt das sogar als Karrierevoraussetzung.

Staatliche Schulen haben einen schlechten Ruf im Königreich. Viele hochrangige Politiker und Wirtschaftsgrößen waren auf Privatschulen. Deshalb gilt es schon fast als Pflicht, sein Kind auf eine Privatschule zu schicken, wenn man möchte, dass es später einmal Karriere macht. Die kirchlichen Schulen genießen oft einen guten Ruf.