GIZ-Chefin Gönner: Zielstrebig auf neues Terrain

Foto: epd-bild/www.tanja-goenner.de
Die ehemalige Stuttgarter Umweltministerin Tanja Gönner übernimmt die Führung der GIZ.
GIZ-Chefin Gönner: Zielstrebig auf neues Terrain
Charakterstark, faktenorientiert, aber ohne erkennbaren Bezug zur Entwicklungspolitik: Eine CDU-Politikerin leitet künftig eine der größten deutschen Entwicklungsorganisationen. Sie kann auf breite Unterstützung setzen.
01.07.2012
epd
Ann Kathrin Sost

Im Ringen um den neuen Vorstand der größten staatlichen Entwicklungsorganisation GIZ war sie am wenigsten umstritten: Tanja Gönner, 42, die frühere Umwelt- und Verkehrsministerin Baden-Württembergs. Kritiker bemängeln zwar, die CDU-Politikerin habe noch nie einen Fuß in ein Entwicklungsland gesetzt. An ihren Fähigkeiten, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit ihren weltweit rund 17.000 Mitarbeitern und mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz zu führen, bestehen jedoch kaum Zweifel. Am Sonntag löst die Juristin den früheren Vorstandschef Bernd Eisenblätter ab.

Viele sind gespannt, wie sich das Bild der GIZ durch sie verändern wird. Eisenblätter führte zuletzt ohne große Öffentlichkeit, doch Gönner geht ein gänzlich anderer Ruf voraus: Zahllose Medienauftritte im Rahmen des Schlichtungsverfahrens des umstrittenen Bahnprojekts "Stuttgart 21" machten die Frau mit den kurzen dunklen Haaren und dem Silberblick zum bekannten Gesicht. Sie tauchte sogar für ein großes Boulevardblatt in ein Mineralbad, um dort zu versichern, dass das Wasser trotz des geplanten "Superbahnhofs" sicher sei.

Bekennende Landpomeranze

Geboren wurde Gönner, die sich selbst einmal als "bekennende Landpomeranze" bezeichnete, am 23. Juli 1969 im hohenzollerischen Bingen nahe Sigmaringen. Mit 17 trat sie in die Junge Union ein. Nach einem Jurastudium ging es mit ihrer beruflichen wie politischen Karriere schnell aufwärts: 1999 wurde sie Partnerin einer Anwaltskanzlei, im Jahr 2000 in den CDU-Bundesvorstand gewählt. 2002 zog sie nach dem Tod eines Abgeordneten in den Bundestag nach, wo sie Mitglied im Umweltausschuss wurde. Schnell galt Gönner als Vertraute von Angela Merkel.

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2004 holte Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel die erst 34-jährige Schwäbin überraschend als Sozialministerin in sein Kabinett. Schon 2005 kam sie unter seinem Nachfolger Günther Oettinger an die Spitze des Umweltministeriums. Der nächste Regierungschef, Stefan Mappus, teilte ihr 2010 auch die Ressorts Naturschutz und Verkehr zu. Mit der Niederlage der CDU bei der Landtagswahl im März 2011 geriet ihre Karriere jedoch ins Stocken. Gönner gelang es nicht, Partei- und Fraktionschefin zu werden.

An der Spitze der GIZ könnte Gönner zur starken Partnerin, aber auch zur Gegenspielerin von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) werden. Er hatte mit der Fusion der drei Entwicklungsorganisationen GTZ, Inwent und DED zur GIZ Anfang 2011 auch mehr Kontrolle des mächtigen und mitunter eigenmächtigen Apparats im Sinn.

Mit Ellenbogen und ohne Kompromisse

Gönner gilt als strebsame Frau, die gern die Ellenbogen ausfährt. Kompromisstöne sind nicht immer ihre Art. Dass sie dennoch nicht unbeliebt ist, mag an ihrer schnörkellosen Art und ihrem Willen liegen, sich an Fakten zu orientieren.

Welchen Kurs sie in der Entwicklungspolitik verfolgen wird, ist offen. Nach ihrer Wahl durch den Aufsichtsrat - mit satten 19 von 20 Stimmen - sprach sie lediglich davon, die GIZ zum "führenden Anbieter von Dienstleistungen in der Internationalen Zusammenarbeit" machen zu wollen. Als mögliche Themen nannte sie Energie und Klimaschutz. 

Von Entwicklungshilfe mag schon seit langem in der GIZ niemand mehr sprechen, die sich zunehmend als starkes Unternehmen sieht. Neue Märkte erschließt die GIZ sich jenseits von Entwicklungsländern, auch in Deutschland. Passend dazu ließ Gönner in einem Interview durchblicken, sie schätze Niebels Ansatz, wonach Deutschland auch eigene Interessen mit der Entwicklungszusammenarbeit verfolgen könne. Bei der Opposition stößt das schon lange auf Kritik. "Die angestrebte Weltmarktführerschaft führt dazu, dass nicht mehr klar ist, mit welchen entwicklungspolitischen Zielen die GIZ in den Partnerländern operiert", sagt etwa die Grünen-Entwicklungsexpertin Ute Koczy.