Hintergrund für die Standortverlegung ist die angespannte Finanzlage der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen. Die Beitragszahlungen der Mitgliedskirchen an die Weltgemeinschaft erfolgen überwiegend in Euro und US-Dollar. Durch hohe Wechselkursverluste zum starken Schweizer Franken sei seit Jahren ein großer Teil der Einnahmen verloren gegangen. "Auf Dauer hätte die Weltgemeinschaft diese Kursverluste nicht verkraften können", sagte Präsident Jerry Pillay aus Südafrika. Generalsekretär Nyomi bezifferte die Einsparungen durch den Umzug auf 166.000 Euro pro Jahr, bei einem Gesamthaushalt von 1,4 Millionen Euro.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Entscheidung der Reformierten Weltgemeinschaft für Hannover. "Ich freue mich, dass die niedersächsische Landeshauptstadt damit zu einem internationalen Zentrum des Protestantismus wird," sagte Merkel in Berlin. Die Entscheidung unterstreiche das positive Verhältnis von Staat und Kirchen in der Bundesrepublik, das auch international Anerkennung finde, ergänzte die Regierungschefin, die für Montagnachmittag auf der EKD-Synode an der Ostsee erwartet wurde.
"Tür an Tür" mit der EKD
Auch der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider begrüßte den Standortwechsel. Er freue sich sehr, dass die Reformierte Weltgemeinschaft ab Januar 2014 in Hannover ihren Sitz fast "Tür an Tür" mit der EKD-Zentrale haben werde. Nun könne die evangelische Kirche zusammen mit der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen die Vorbereitungen für das Reformationsjubiläum 2017 intensivieren.
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Der Umzug von Genf nach Hannover soll zum 1. Januar 2014 erfolgen. Die Weltgemeinschaft vertritt mehr als 80 Millionen reformierte Christen, ihr Stab umfasst sieben Mitarbeiter. Die Weltgemeinschaft der reformierten Konfessionsfamilie ging 2010 aus der Fusion des Reformierten Weltbundes und des eher konservativ geprägten Reformierten Ökumenischen Rates hervor. Die Dachorganisation umfasst nahezu 230 Kirchen in 108 Ländern. Deutsche Mitglieder sind die Evangelisch-reformierte Kirche und die Lippische Landeskirche. In Hannover hat bereits der Reformierte Bund seinen Sitz. Er vereint etwa 430 reformierte Gemeinden, Synoden und Kirchen und versteht sich als Dachverband der reformierten Christen in Deutschland.
Zur Auswahl standen auch Utrecht und Johannesburg
"Überzeugt hat uns das kirchliche Umfeld in der Hauptstadt des deutschen Protestantismus", sagte Generalsekretär Nyomi aus Ghana. Er verwies auf die Nähe zu den deutschen Mitgliedskirchen sowie die engen Beziehungen zum Reformierten Bund, der Union Evangelischer Kirchen und der EKD. Für den Standort Hannover haben Nyomi zufolge auch die staatskirchenrechtlichen Möglichkeiten gesprochen. So habe Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) der Weltgemeinschaft den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts zugesichert. Für die Bundesregierung habe der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU) versichert, dass aufenthalts- und arbeitsrechtliche Fragen für die Mitarbeiter in einem Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland geregelt werden sollten.
Nachdem ein Grundsatzbeschluss, Genf zu verlassen, bereits im Mai auf der Tagung des Exekutivausschusses des Weltbundes im indonesischen Berastagi gefallen war, befanden sich neben Hannover auch Utrecht in den Niederlanden und Johannesburg in Südafrika in der engeren Wahl.
Die reformierten Kirchen stehen in der Tradition von Johannes Calvin, John Knox, Huldrych Zwingli und anderer Reformatoren des 16. Jahrhunderts. Reformierte Gemeinden sind sehr basisorientiert, die Kirchenleitung erfolgt presbyterial-synodal im Unterschied zu episkopal-bischöflich geleiteten Kirchen. Sie zeichnen sich aus durch einen sachlichen Stil in der Gestaltung der Kirchen und der Verkündigung.