Noirfilm heißt die Firma, die diesen Film produziert hat, und das passt perfekt, denn Tomasz Thomson (Buch, Regie, Schnitt) hat einen klassischen film noir in modernem Gewand gedreht. Dank der mürrischen Hauptfigur, der lakonischen Erzählweise und der trotz des omnipräsenten Schnees düsteren Bildgestaltung wirkt "Snowman’s Land" darüber hinaus wie eine Hommage an die Werke der berühmten Brüderpaare Coen und Kaurismäki. Dazu passt auch die Verlorenheit des Antihelden, eines typischen Filmverlierers, dem man von Anfang an wünscht, dass er irgendwie heil aus der Sache rauskommen möge. Und weil Thomson seine Geschichte wenig zimperlich als knallharte Gangstergroteske erzählt, ist sie nichts für schwache Nerven. Nicht minder mutig ist die Besetzung: Abgesehen von Rainer Schöne als einstige Unterweltgröße sind die Darsteller komplett unbekannt. Das erhöht den Reiz, weil man auf diese Weise keine Ahnung hat, wer die Geschichte lebend überstehen wird.
Beim Sex sollte man nicht mit Waffen hantieren
Die Handlung selbst ist überschaubar: Walter, ein glückloser Auftragsmörder (Jürgen Rißmann), hat einen groben Fehler begangen und muss für eine Weile von der Bildfläche verschwinden. Das Angebot, einen Job irgendwo im tiefen europäischen Osten anzunehmen, kommt daher gerade recht. Auf dem Weg in die Einsamkeit gabelt er den Kollegen Micky (Thomas Wodianka) auf, dessen Unberechenbarkeit sie alsbald in die Bredouille bringt: Micky nutzt die Abwesenheit von Auftraggeber Berger (Schöne), um sich ein bisschen mit dessen Freundin zu vergnügen. Der jungen Frau hat allerdings offenbar niemand erklärt, warum man beim Sex nicht mit Waffen hantieren sollte. Jedenfalls haben Walter und Micky jetzt ein Problem, denn Berger ahnt bei seiner Rückkehr prompt, dass irgendetwas faul ist.
Nach Walters Ankunft in der tief verschneiten Einsamkeit geht der Geschichte ein bisschen die Luft aus, weil erst mal nichts mehr passiert; später lebt der Film vor allem von der Frage, wie die beiden verkrachten Existenzen aus der Nummer rauskommen.
Aber dann wendet sich das Blatt komplett, und am Ende ringt sich Thomson sogar dazu durch, Walter, den Pechvogel, ganz gegen die Tradition des Genres davon kommen zu lassen. Ein gerade auch dank der Bildgestaltung (Ralf M. Mendle) reizvoller Beitrag zur ARD-Reihe "Debüt im Ersten", mit einigen Längen zwar, aber sehenswert.