Niedersachsens Polizei fahndet weiter über Facebook

Foto: dpa/Oliver Berg
Per Facebook hat Niedersachsens Polizei nun auch offiziell weiterhin Verbrechen im Blick.
Niedersachsens Polizei fahndet weiter über Facebook
Niedersachsens Polizei wird das Netzwerk Facebook noch stärker in der Fahndung nutzen - trotz Bedenken und Protesten von Datenschützern. Über die neue Fanpage des niedersächsischen Landeskriminalamtes können alle niedersächsischen Polizei-Direktionen per Facebook nach Straftätern, Vermissten oder Zeugen suchen. Es ist ein Fahndungsinstrument, das viele Bundesländern zum Vorbild nehmen wollen.

"Hallo ihr da draußen! Bitte teilen ..." So sucht die Polizeidirektion Hannover bei Facenook schon seit März 2011 Straftäter, Vermisste und Zeugen. Künftig werden das sämtliche niedersächsische Polizei-Direktionen von Ostfriesland bis zum Harz tun. "Jetzt werden wir dieses Medium in ganz Niedersachsen als zusätzliches Instrument nutzen", sagt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Denn seit kurzem ist die Facebook-Fanpage des Landeskriminalamtes Niedersachsen (LKA) online, die alle niedersächsischen Polizeistellen für ihre öffentliche Fahndung nutzen können - und sollen. Niedersachsen ergänze mit Facebook die herkömmlichen Verfolgungsmethoden der Polizei, betont der Innenminister. "Wir erreichen damit insbesondere die jungen Menschen, eine Zielgruppe, die ihre Informationen zunehmend aus dem Internet entnimmt." Das sehen viele deutsche Kollegen Schünemanns so, dies zeigte die Innenministerkonferenz Anfang Juni. Niedersachsen ist mit dieser Form der Fahndung Vorreiter und stellt damit bundesweit die Weichen für mehr Facebook bei der Polizeiarbeit.

Daten werden auf einem Polizeiserver gespeichert

Auf der niedersächsischen LKA-Seite werden ab sofort die aktuellen Fahndungen der verschiedenen Polizeibehörden kurz angerissen. Leser werden dann über einen Link auf die Fahndungsseiten des Polizeiservers geleitet. Erst dort erreichen die Nutzer Bilder und detaillierte Informationen zu gesuchten Personen. "Damit sind alle personenbezogenen Daten ausschließlich auf den Servern des Landes Niedersachsens gespeichert und nicht auf den Facebook-Servern in den USA", sagt Ministeriumssprecher Frank Rasche. "Für den Datenschutz."

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Jede Polizeidirektion habe gleichzeitig einen eigenen Facebook-Auftritt, auf dem Öffentlichkeitsarbeit gemacht werde. "Wie mache ich mein Haus einbruchssicher, welche Arbeitsplätze bietet die Polizei und mehr", erklärt Rasche. "Fahndungen laufen zentral über das LKA."

Pilotprojekt für diese landesweite Facebook-Fahndung war die Polizeidirektion Hannover - mit inzwischen über 100.000 Fans und "mehreren Erfolgen, die es über die klassischen Medien wohl nicht gegeben hätte", wie ihre Macher immer wieder betonen. Ihre Fans sollen jetzt zur neuen Fahndungsseite übergeleitet werden, um die Erfolgsgeschichte weiterzuführen, so der Pressesprecher.

Die Kritik der Datenschützer bleibt

Diese Erfolgsgeschichte wurde im Februar zwischenzeitlich aus Datenschutzgründen unterbrochen, nachdem Datenschützer auch bundesweit Bedenken meldeten. Denn beim hannoverschen Facebook-Auftritt wurden zunächst Täterbeschreibung, Phantombilder und andere persönliche Details in die Posts geschrieben. Daten, die auf einem Server außerhalb Deutschlands gespeichert und nach US-Recht verwendet werden können. Die Lösung für das Datenschutz-Problem war schon zwei Wochen später das - ab heute arbeitende - zentrale niedersächsische Modell: Empfindliche Daten sind nur über einen externen Link zugänglich und bleiben auf einem deutschen Server. "Die Bedenken der Datenschützer sind damit nach unserer festen Überzeugung vom Tisch", sagt der CDU-Innenminister.

Das würde der stellvertretende Landesdatenschutzbeauftragte Rainer Hämmer so nicht sagen: "Wir sehen noch immer Datenschutzprobleme bei der Facebook-Fahndung", sagte Hämmer. "Wir sind auch noch immer im Gespräch mit dem Ministerium. Allerdings können wir nur Empfehlungen geben und keine Bußgelder verteilen." Auf die Fahndungsinhalte habe Facebook zwar so keinen Zugriff mehr - die Daten der Nutzer der Polizei-Facebook-Seiten gingen aber weiter in die USA. Und was mit ihnen geschehe, bleibe undurchsichtig, so der Datenschützer.

"Mit Fahndungsdaten muss achtsamer umgegangen werden"

Auch der hannoversche  "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" wehrt sich weiter gegen die Fahndungsmethode und hat bereits im März eine entsprechende Petition an die Landesregierung geschrieben. "Die personenbezogenen Daten können über die Facebook-User dennoch im Facebook-Netzwerk genannt und vervielfältigt werden - das kann zu falschen Verdächtigungen führen, die Betroffene nicht oder nur schwer wieder loswerden", sagt der Sprecher der Bürgerinitiative Michael Ebeling. Die Behörden erweckten durch die Nutzung von Facebook den Eindruck, die Nutzung eines solchen Kommunikations-Unternehmens wie Facebook sei harmlos und sogar empfehlenswert. "Gerade mit Fahndungsdaten muss viel achtsamer umgegangen werden als ein profitorientiertes Unternehmen das tut."

Diese grundsätzliche Kritik an Facebook hält das niedersächsische Innenministerium für nicht relevant was ihre Fahndungsmethode betrifft. "Alle Facebooknutzer wissen, dass Facebook ihre Daten speichert und sind damit einverstanden", sagt Sprecher Rasche. Es würden auch nicht alle Fahndungen veröffentlicht. "In Strafverfahren entscheidet darüber die Staatsanwaltschaft, das gilt auch für Informationen, die an andere Medien gegeben werden." Auch eigneten sich nicht alle Fälle für eine Facebook-Fahndung. Darüber entscheide, so der Ministeriumssprecher, erst die zuständige Dienststelle und dann das LKA.