Rettungsschirm für den Planeten gesucht

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Rettungsschirm für den Planeten gesucht
Endspurt vor dem Rio-Gipfel: Vertreter von 190 Staaten verhandeln unter Hochdruck über eine "Green Economy". Gastgeber Brasilien versucht sich als Schlichter.
18.06.2012
epd
Elvira Treffinger

Es ist ein UN-Gipfel, der in Etappen beginnt. Minister um Minister treffen ein. Schon seit Tagen wird in Rio de Janeiro intensiv über die strittige Schlusserklärung verhandelt. Doch Industrie- und Entwicklungsländer liegen im Clinch. Der Streit über ein globales Umsteuern hin zu einer öko-sozialen Marktwirtschaft dauert an. Am Wochenende übernahm Gastgeber Brasilien das Heft, um ein Scheitern des Gipfels über nachhaltige Entwicklung abzuwenden.

Am Mittwoch werden für zwei Tage mehr als 100 Staats- und Regierungschefs in Rio erwartet. Dass sie den Durchbruch schaffen, gilt vielen Teilnehmern als fraglich. Die Entwicklungsländer blockieren bei "Green Economy", weil sie Handelsschranken fürchten und die Industrienationen die Marktführer in der Umwelttechnik sind. Zu finanziellen Zusagen, zusätzlich 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr, und Technologietransfer über Patentschutzlockerungen aber ist der Norden nicht bereit.

"Die Fronten zwischen Industrie- und Entwicklungsländer ist wieder geschlossen"

Experten sehen wieder die alte Block-Konstellation vor sich, Industrie- gegen Entwicklungsländer, die man überwunden glaubte, als afrikanische und europäische Länder bei der Klimakonferenz im Dezember in Durban den Schulterschluss praktizierten. In Rio ist das anders: "Hier sind die Fronten wieder geschlossen", bedauert Jürgen Reichel vom Evangelischen Entwicklungsdienst, der der offiziellen deutschen Delegation angehört.

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Ziele und Zeitpläne, um Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit zu messen, schlägt die EU vor. Das könnte der Waldbestand sein oder der Anteil erneuerbarer Energien. Doch diese Nachhaltigkeitsziele sind ebenfalls bei den Staaten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens unbeliebt. Kanada gewann bereits den Negativ-Preis der Umwelt-Aktivisten, das "Fossil des Tages". Aber auch Russland und die USA gelten als Bremser. China hält sich nach Angaben aus Delegationskreisen sehr bedeckt und zählt sich zu den Entwicklungsländern.

"Es ist nicht so schlimm, wie wir befürchtet haben", sagt eine norwegische Delegierte über die zähen Verhandlungen. Die EU will vorpreschen bei "Green Economy", stolz stellen europäische Unternehmer ihre Technologien in Rio aus. Und auch der UN-Umweltchef Achim Steiner fordert ein Ende der versteckten Subventionen für fossile Energieträger, die er auf 500 Milliarden Dollar pro Jahr beziffert. Und er fordert Investitionen in saubere und beständige Zukunftstechnologien.

Eine "Ethik des Genug" hat es schwer

Die Euro-Krise wirft einen Schatten auf den Rio-Gipfel. Die dänische Umweltministerin und EU-Verhandlungsführerin Ida Auken, plädiert dafür, die Finanz- und Umweltkrise als eine Krise zu sehen. Doch die Vorschläge für eine Regulierung der Finanzmärkte sind rar. Kontrovers bleibt auch der Wachstumspfad. Eine "Ethik des Genug" hat es derzeit schwer. In der Finanzkrise setzen viele Politiker wieder blind auf Wachstum, aus Angst vor Rezession.

Dabei sind die Alarmzeichen der Natur unübersehbar: Die Erde erwärmt sich, Gletscher schmelzen, Wälder sterben und Wüsten wachsen. "Wir leben ökologisch und ökonomisch über unsere Verhältnisse", sagt Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister (CDU) und ehemalige Leiter des UN-Umweltprogramms. Von Natur Optimist, sieht er die Aussichten des Gipfels aber doch wegen der Finanzkrise verdüstert.

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Zu wenig wird bisher in Rio über das Wohlstandsgefälle diskutiert. Mehr als zwei Milliarden Menschen leben in Armut, jeder zweite davon in extremer Not. Der Klimawandel ist für Millionen Menschen im trockenen Sahel oder im Tiefland von Bangladesch schon eine Überlebensfrage. Deshalb ließen sich Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit nicht voneinander trennen, sagt der evangelische bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der den Rio-Gipfel ebenfalls als Mitglied der deutschen Delegation verfolgen will. 

"Heute muss die Atmosphäre als globales Gemeingut betrachtet werden - und dessen Management ist eine ökonomische Herausforderung, aber auch eine Frage globaler Gerechtigkeit", sagt Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Gerechtigkeit fordern Tausende von Aktivisten aus aller Welt auf ihrem parallelen "Gipfel der Völker". "Der Kampf gegen Armut und gegen den Klimawandel wird zusammen gewonnen - oder verloren", betont Bernd Bornhorst vom katholischen Hilfswerk Misereor.