TV-Tipp des Tages: "Der Brand" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Der Brand" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Der Brand", 14. Juni, 23.45 Uhr im Ersten
Nach einem ausgelassenen Tanzabend lässt Judith es zu, dass ihr Tanzpartner, eine Zufallsbekanntschaft, sie ein Stück begleitet. Urplötzlich schlägt sein stilvolles Flirten in Gewalttätigkeit um.

Es dauert eine Weile, bis sich die Bedeutung des Titels erschließt. Erst spät wird klar, dass Judith, die weibliche Hauptfigur, von innen verzehrt wird. Zunächst versucht sie, den innerlichen Brand mit Eiswürfeln zu bekämpfen, später will sie ihn mit einem Eisbad für immer löschen. Linderung jedoch erfolgt erst, als sie ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt, denn die juristische Gerechtigkeit wird ihr vorenthalten. Dabei ist der Fall klar: Nach einem ausgelassenen Tanzabend lässt Judith (Maja Schöne) es zu, dass ihr Tanzpartner (Wotan Wilke Möhring), eine Zufallsbekanntschaft, sie ein Stück begleitet. Urplötzlich schlägt sein stilvolles Flirten in Gewalttätigkeit um. Der Mann missbraucht sie, lässt sie am Flussufer liegen und kommt auch noch ungeschoren davon: Ralph Nester ist ein angesehener Bürger, er leitet eine Privatklinik und hat Familie. Da die Vergewaltigung nicht bewiesen werden kann, steht Aussage gegen Aussage. Judiths Anzeige, seiner Darstellung nach die Rache einer sitzen gelassenen Frau, beantwortet er mit einer Gegenklage wegen falscher Verdächtigung.

Eingefrorene Bilder illustrieren die seelische Situation

Brigitte Maria Bertele inszeniert dieses Drama ruhig und unauffällig, findet aber gerade zu Beginn immer wieder Bilder, die wie eingefroren wirken und Judiths seelische Situation perfekt illustrieren. In einer dieser sorgfältig komponierten Einstellungen nutzt sie einen einfachen, aber wirkungsvollen Spiegeltrick: Judith bekommt Besuch von Georg, ihrem Freund (Mark Waschke), von dem sie sich nach der Vergewaltigung getrennt hat. Ein Spiegelbild verdoppelt seine Präsenz gewissermaßen; aus Zuschauersicht sieht es so aus, als sei Judith von Georg umzingelt (Bildgestaltung: Hans Fromm). Kein Wunder: Nach einer Phase der Empathie möchte er endlich wieder zur Tagesordnung übergehen. Wenn Judith nicht zulassen will, dass das Feuer sie auffrisst, muss sie seine Energie nach außen lenken. Unter einem Vorwand freundet sie sich mit Nesters Frau (Ursina Lardi) an. Aber erst nach einer Explosion der Verzweiflung widerfährt ihr Gerechtigkeit.

Neben der unerhörten Geschichte (Buch: Johanna Stuttmann) sind es vor allem die Schauspieler, die dafür sorgen, dass man großen Anteil an Judiths Wechselbad der Gefühle nimmt. So bedrückend Judiths Situation auch ist: Schauspielerisch bietet die Hauptrolle Maja Schöne die Gelegenheit, von Niedergeschlagenheit bis zu Verzweiflung und Wut ein denkbar breites emotionales Spektrum auszukosten. Aber auch die Rollen von Waschke und Möhring sind alles andere als eindimensional und mehr als bloß Ergänzungen.

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Judiths Freund wirkt keineswegs so gefühllos, wie sein Wunsch, sie möge die Ereignisse hinter sich lassen, vermuten lassen könnte. Und der Arzt Nester verbringt sein zweites Gesicht erfolgreich hinter der Fassade des liebevollen Familienvaters. Selbst der von Judith erst als machtlos, dann gar als Gegner wahrgenommene Anwalt (Florian David Fitz), dessen nüchterne Befragung sie als weitere Demütigung empfindet, darf auch andere Seiten zeigen.