Zollitsch sprach von einem "frohen Glaubensfest". Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, ergänzte: "Wir haben eine lebendige, glaubensstarke und vitale Kirche erlebt." Angesichts von etwa 80.000 Besuchern des fünftägigen Laientreffens sprach Glück von einer beachtlichen Resonanz. Den Katholikentag, der am Sonntag zu Ende geht, bestimmen neben gesellschaftlichen Themen unter dem Eindruck der Krise in der katholischen Kirche vor allem innerkirchliche Fragen. Dabei geht es um Mitwirkungsrechte für Frauen, Verbesserungen für wiederverheiratete Geschiedene und konfessionsverbindende Paare sowie Strukturveränderungen in den Bistümern.
"Jetzt geht die Arbeit erst richtig los", sagte Zollitsch. Denn der Katholikentag, der tief in der Kirche verankert sei, sei nicht dazu da, Reformen zu verkünden. Der Vorsitzende der katholischen Bischöfe kündigte an, dass die Bischöfe im Frühjahr 2013 über die Seelsorge sowie die Teilnahme am kirchlichen Leben der Wiederverheirateten beraten würden. "Der Dialog kommt voran", zeigte sich Zollitsch überzeugt. In einem Gottesdienst rief der Erzbischof die katholischen Christen auf, die Zukunft der Kirche aktiv zu gestalten. "Wir haben keine Zeit damit zu verlieren, nostalgisch oder gar gelähmt zurückzuschauen und unsere Kraft mit Klagen und Jammern zu vergeuden", sagte er.
"Unruhe und Spannung"
Beim Katholikentag seien die Unruhe und die Spannung zu spüren, die es unter den Katholiken gebe, sagte Zentralkomitee-Präsident Glück. Dabei sei aber deutlich geworden, dass es zwischen Laien, Priestern und Bischöfen keinen Riss gebe. Im Hinblick auf Eheleute mit verschiedener Konfession werde erwartet, dass alle vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft würden: "Vieles kann und muss man jetzt lösen", sagte Glück. Er warb auch dafür, offener über die Frage der katholischen Sexualmoral zu sprechen.
Der Sprecher der österreichischen Pfarrer-Pfarrerinitiative, Helmut Schüller, beklagte eine Leitungskrise in der katholischen Kirche. Eine "Glaubenskrise oder Kirchenkrise" gebe es dagegen nicht, sagte Schüller am Rande des Katholikentages. Er forderte "Grundrechte" in der Kirche für alle Getauften, erst dann könne es einen ernsthaften Dialog in der Kirche geben. Bisher werde das Kirchenbild noch zu sehr von der Kirchenleitung, also einer Minderheit der Gläubigen, bestimmt, kritisierte der Theologe.
Schavan will mehr Aufgaben für Frauen
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) warb dafür, Frauen in der Kirche mehr Aufgaben zuzutrauen. Sie begründete ihre Forderung mit der Rolle von Maria von Magdala, der sich der auferstandene Jesus aufgetragen habe, seine Geschichte weiterzuerzählen. Damit Frauen mehr Mitwirkungsrechte in der Kirche erhielten, braucht es laut Schavan mehr Streitkultur. Streit sei nicht verwerflich, denn wer sich in der Kirche nur vertrage, habe aufgegeben.
Der evangelische Landesbischof von Baden, Ulrich Fischer, bezeichnete den Ausschluss von Frauen vom Priester- und Diakonenamt als Widerspruch zur Bibel. "Eine Kirche, die für sich in Anspruch nimmt, sich in Lehre und Ordnung an den biblischen Texten zu orientieren, kann jedenfalls nicht auf Dauer Frauen von allen Ämtern der Kirche ausschließen", sagte er. Die Gleichstellung von Männern und Frauen entspreche zudem der Haltung Jesu, der sich unterschiedslos Männern und Frauen zugewandt habe. "Ich hoffe mit unseren katholischen Schwestern und Brüdern, dass die Zulassung der Frauen zum Diakonat schon bald Wirklichkeit wird."
Jepsen bei "Konzilsgala"
Am Freitagabend hatten prominente katholische Laien und Würdenträger bei einer "Konzilsgala" an das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und dessen Folgen im deutschen Katholizismus erinnert. Einzige evangelische Teilnehmerin war die Hamburger Altbischöfin Maria Jepsen. Der prominente katholische Theologe Hans Küng hatte seine Teilnahme abgesagt.