Das digitale Tool, das unter www.oekumenischer-kirchenatlas.de frei genutzt werden kann, liefert geografisch differenziert bis auf die Ebene der Stadt- und Landkreise umfangreiche Statistiken über Kirchenmitgliedschaft, Taufen, Trauungen und Bestattungen. Der Kirchenatlas basiert auf soziodemografischen, kirchenamtlichen und weiteren Daten und vervollständigt den Auswertungsband zur sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU6), der Ende vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. In dem Auswertungsband widmen sich 35 Autorinnen und Autoren auf 700 Seiten einzelnen Befunden der im November 2023 erschienenen KMU6.
Dr. Johannes Wischmeyer, Leiter der Abteilung Kirchliche Handlungsfelder im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover, unterstrich bei der Vorstellung des Ökumenischen Kirchenatlasses die hohe Bedeutung der KMU6 für die weiteren Planungen zur Zukunft der Kirche. "Mit über drei Millionen Daten und den ergänzten kirchenamtlichen Statistiken für den Ökumenischen Kirchenatlas ist sie die umfassendste repräsentative Studie zur Entwicklung von Religion und Kirche in Deutschland." Durch regionale Analysen ermögliche der neue Ökumenische Kirchenatlas, Kirchenentwicklung kontextsensibel zu gestalten.
"Wir verstehen die Ursachen mancher Entwicklungen nun besser, etwa warum in Ostdeutschland eine relative Stabilisierung der Kirchenentwicklung zu beobachten ist, während wir in Westdeutschland sich beschleunigende Entkirchlichungsprozesse wahrnehmen", so Wischmeyer. Die Rolle der Kirchen für die Gesamtgesellschaft bleibe aber auch bei sinkenden Mitgliederzahlen wichtig, insbesondere weil ein erheblicher Teil des gesamtgesellschaftlichen ehrenamtlichen Engagements durch kirchlich verortete Netzwerke getragen werde.
Daten zu Taufen, Kirchaustritten und Todesfällen
Für die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Beate Gilles ist der Ökumenische Kirchenatlas "eine innovative und interaktive Übersicht über die Kirchenmitgliedschaft in Deutschland." Auf Ebene der Stadt- und Landkreise könne zum Beispiel der Anteil der Religionszugehörigkeit an der Bevölkerung leicht und anschaulich ermittelt werden. "Ziel ist es, geografisch differenzierte Einblicke zu ermöglichen und kirchliche Entwicklungen besser zu verstehen", so Gilles.
Die KMU6, an der sich die katholische Kirche erstmals beteiligt hatte, würdigte Gilles als "ein Flaggschiff der religionssoziologischen Forschung", das eine intensive Rezeption erfahre und so Wirkung entfalte. Die KMU6 führe vor Augen, "wie stark die Prozesse der Säkularisierung in unserer Gesellschaft fortgeschritten sind. Wenn sich selbst für viele Kirchenmitglieder die Frage nach Gott nicht mehr stellt und der Glaube kaum noch eine Relevanz für das eigene Leben hat, ist das für die Kirchen mehr als eine Problemanzeige", fasste Gilles die katholische Perspektive auf die Studie zusammen: "Wir würden uns in die Tasche lügen, wenn wir meinten, uns einfach mit einem Angebot besser auf die Menschen einstellen zu müssen, und dann wäre alles in Ordnung. Wir sehen eine Krise des religiösen Glaubens, der religiösen Praxis, des religiösen Erfahrens und der religiösen Kommunikation", so Gilles.
Der Auswertungsband zur KMU6 untersucht u. a. das Vertrauen in die Kirchen, Reformerwartungen, Einstellungen zur Kirchensteuer, Unterschiede zwischen den Konfessionen, regionale Besonderheiten der Entwicklung, auch im Vergleich von Ost- und Westdeutschland sowie Zusammenhänge zwischen Religiosität und sozialer Lage, Lebenszufriedenheit, Wertorientierungen oder sozialem Engagement.